Albumreview: The Dustaphonics – Johnny and Bo

Dustaphonics

Zugegeben, mit Rockabilly in seiner ursprünglichen Version haben die Dustaphonics eher wenig am Hut. Trotzdem ist die Combo aus London Rock’n’Roll pur. Auch ihr neuester Streich “Johnny And Bo” ist ein musikalischer Leckerbissen für alle, die es gerne laut und dreckig mit einem Schuss Soul haben.

Treffen sich ein Gitarrist und eine Schauspielerin… – der Ursprung der Dustaphonics

Alles begann 2008 mit dem Zusammentreffen von Musikproduzent, Musiker und DJ Yvan Serrano und Tura Satana. Letztere ist als Schauspielerin für ihre Zusammenarbeit mit Busenfetischist Russ Meyer und ihre Rolle in dem heute legendären “Faster, Pussycat! Kill! Kill!” (“Die Satansweiber von Tittfield”) bekannt. Glaubt man ihren Erzählungen, war sie es außerdem, von dem Elvis Presley seinen legendären Hüftschwung gelernt hatte. Sogar einen Heiratsantrag soll ihr der King of Rock ‘n’ Roll gemacht haben, allerdings vergeblich.

Dustaphonics-Anzeige

Die Dustaphonics kommen aus London, klingen aber wie die weite Welt.

Von Yvan Serrano wollte die Dame mit den gefährlichen Rundungen den Soundtrack für ihren neuen Film. Als Antwort darauf hob der findige Produzent und Schallplattenjongleur die Dustaphonics aus der Taufe.

Seitdem macht die Band mit ihrer Mischung aus Garagenrock, Soul, Surf Rock und 50s Rock ‘n’ Roll die Londoner Clubszene unsicher und bereist Festivals quer durch Europa. Dabei eröffneten Serrano und seine Mitmusiker unter anderem für Wanda Jackson und Martha Reeves and The Vandellas. Außerdem begleiteten die Dustaphonics wiederholt Blues Brother Dan Akroyd bei dessen Auftritten in London.

Quartett aus 10 Musikern

Eine Band im traditionellen Sinne sind die Dustaphonics eigentlich nicht. Stattdessen handelt es sich um ein Projekt von Yvan Serrano alias DJ Healer Selecta, der hier zur Gitarre greift. An Bass, Schlagzeug und Gesang wechselt sich ein illustrer Kreis famoser Musiker ab, darunter Model und Multitalent Hayley Red.

Auch was die Musik anbelangt, halten Serrano und seine Kollegen nicht viel von einer strikten Linie und engen Grenzen. Ob furztrockener 60s Soul, psychedelisch angehauchter Surf Rock oder punkiger Rockabilly, die Dustaphonics sind genauso vielseitig wie anarchisch und leben das auf ihren Alben aus. In ihren besten Momenten klingen sie dabei wie eine Rockabilly-Band auf Speed beim gemeinsamen Surfen.

“Johnny And Bo” ist das vierte Studiowerk der Band. Gewidmet ist es zwei großen Helden von Serrano, einem Johnny (Johnny Ramone) und einem Bo (Bo Diddley). Wer angesichts dessen ein Coveralbum erwartet, liegt allerdings genauso falsch wie all jene, die damit rechnen, dass Johnny und Bo zu 50 Prozent nach den Ramones und zu 50 Prozent nach Bo Diddley klingt. So einfach machen es die Dustaphonics ihren Hörern nicht.

Johnny and Bo klingt wie der gelungene Soundtrack zu einem Tarantino-Streifen

“Johnny And Bo” startet mit durchgedrücktem Gaspedal. “You Don’t Love Me Anymore”, das gleich in zwei unterschiedlichen Versionen auf dem Album vorhanden ist, ist Garage Rock, wie er am meisten Spaß macht: schnell, dreckig und mit einem genauso simplen wie packenden Groove.

Gibt Hayley Red hier die Punkgöre, wandelt sie im Titeltrack “Johnny And Bo” auf Imelda Mays Spuren. “Q Sounds Groove” bringt lupenreinen 60s-Funk auf die Tanzfläche, inklusive fetter Hornsection und schwülstigem Backgroundchor und “Listen to the Showman Twang” vereint vibrierende Surfgitarren mit Mariacchi-Trompete.

Johnny & Bo Albumcover

Johnny & Bo ist Johnny Ramone und Bo Diddley gewidmet.

Damit nicht genug, wildern die Dustaphonics in den 11 Eigenkompositionen von Serrano auch noch in Bossa-Nova-Gefilden und der Rockabilly blitzt ebenfalls immer wieder durch – zum Beispiel in dem der verstorbenen Tura Satana gewidmeten “Tura Satana Tribute Song”.

Das hört sich irgendwie anstrengend an? Ist es aber nicht – erstaunlicherweise. Ganz im Gegenteil: Sieht man von dem poppigen “Dreams On Screen” und “I’m Hurting” ab, die beide etwas langweilig ausfallen, macht “Johnny And Bo” gerade wegen seiner Vielseitigkeit so viel Spaß.

In dieser und dem Mix von Rockabilly, Surf, Soul und Garage Rock erinnert das Album an einen Soundtrack zu einem Film von Quentin Tarantino. Glücklicherweise macht es auch ohne bewegte Bilder dazu gute Laune.