Kurzhaarfrisur, Kippe im Mund, finsterer Blick – die Teddy Girls, die in den 50er-Jahren durch London streiften, stellten das Klischee vom braven Polkadot-Mädel auf den Kopf. Zu Unrecht werden sie über ihre männlichen Kollegen gern vergessen.
Mädchengangs mit Style
“Als Abart des Teddy-Boys entwickelte sich das “Teddy-Girl”. Es trägt sich recht maskulin, bevorzugt – wie das männliche Exemplar der Gattung – ein tailliertes, wenn auch kürzeres Jackett und enge Hosen, im Gegensatz zu den Boys aber weiße Handschuhe, Armreifen, Damen-Regenschirm und Handtasche. Eine überlange Zigaretten-Spitze gehört ebenfalls zur Ausstattung des Teddy-Girls.”
So schrieb der Spiegel 1955. Fotograf Ken Russell, der als einer der wenigen die Teddy Girls ausführlich porträtierte, beschrieb sie als “tough”. Kein Wunder, schließlich waren die jungen Frauen während des Krieges geboren worden und hatten die Zeiten miterlebt, in denen die Lebensmittel knapp waren und Teile der Stadt ein Trümmerfeld.
In der Regel kamen sie aus der Arbeiterschicht Ost- und West-Londons und besaßen noch weniger Geld als ihre männlichen Altersgenossen. Trotzdem machten sie keine Kompromisse, wenn es um ihr Outfit ging.
Das Outfit der Teddy Girls
Im Widerspruch zu dominierenden zeitgenössischen Vorstellungen von Weiblichkeit, kultivierten Teddy Girls ein androgynes Aussehen. Das fing bei der Kurzhaarfrisur an. Die gab schon mal einen Vorgeschmack auf die spätere Punk-Era.
Dazu trugen die jungen Frauen flache Schuhe, aufgekrempelte Jeans und Jackets. Typische Accessoires waren, wie der Spiegel bemerkt hatte, eine Handtasche, Schmuck, Handschuhe und öfter einmal ein Regenschirm – wetterunabhängig. Da Teddy Girls meist chronisch wenig Geld hatten, erstanden sie Kleidungsstücke entweder Second Hand oder schneiderten alte Stücke um.
So oder so war das Resultat eine aufsehenerregende Kombination in den Nachkriegsjahren. Teddy Girls wollten genau das, Aufsehen erregen.
Schließlich, so erinnerte sich eine von ihnen Jahre später im Gespräch mit dem Times Magazin, wurden immer nur die Boys öffentlich wahrgenommen.
Zu wenig kriminell für Medieninteresse
Obwohl sie so eine ungewöhnliche Erscheinung waren und sich alle Mühe gaben, aufzufallen, gerieten die Teddy Girls schnell in Vergessenheit. Das mag vielleicht daran liegen, dass sie zwar wild aussahen, aber in aller Regel nicht in Kinos randalierten oder Schlägereien anzettelten.
Damit waren sie für die Medien weniger interessant als Teddy Boys. Während Letztere in überzogenen Presseberichten zu Prototypen für die verdorbene Jugend gerieten, wurden die Damen in ihren Reihen eher ignoriert. In der Zeitschrift “Picture Posts”, die einige von Ken Russells Fotos abdruckten, wurden sie sogar als fleißige und modebewusste junge Frauen dargestellt und ihr “elegantes” Erscheinungsbild begrüßt.