Oft in der Geschichte des Rockabilly waren es Gitarristen, die einem Song das gewisse Etwas verliehen. Wer weiß, ob “That´s All Right, Mama” ohne Scotty Moores brilliante Licks so einen Eindruck hinterlassen hätte? Entsprechend lang ist die Liste an Saitenkünstlern, die dem Genre ihren eigenen Stempel aufgedrückt haben. Zehn davon rücken wir heute ins Rampenlicht. Einige davon sind wahrscheinlich jedem von euch schon einmal untergekommen. Vielleicht sind aber auch ein paar Neuentdeckungen dabei. Wie immer ist das Ganze rein subjektiv.
1. Scotty Moore – Elvis’ rechte Hand
Technisch ist der langjährige Begleiter des King bestimmt nicht der beste in dieser Liste. Dafür war Scotty Moore in der Hochzeit des Sun Studios ein echter Pionier. Mit seinem individuellen Fingerpicking-Style prägte er den typischen Rockabilly-Sound der 50s entscheidend, genauso wie so manchen Elvis-Hit. Nicht von gefähr gehören zu den bekennenden Fans von Scotty Moore Keith Richards und Paul McCartney. Heute spielt der über 80jährige wegen seiner Arthritis nur noch im heimischen Wohnzimmer.
2. Carl Perkins – Mr. Blue Suede Shoes
Auch Carl Perkins gilt als Pionier an der Gitarre und auch er zeichnete sich durch sein Fingerpicking aus. Außerdem verwendete der Sänger und Gitarrist ein großes Repertoire an Akkorden und Spieltechniken, die bis dahin in der Rockmusik kaum gebräuchlich waren. Als Songschreiber bewies Perkins ebenfalls Klasse. Dass er trotzdem – abgesehen von dem Hit “Blue Suede Shoes” – im Schatten von Elvis Presley blieb, war wohl vor allem seiner zwar sympathischen, aber etwas kantigen Art zuzuschreiben. Mit dem Sex Appeal seines Kontrahenten konnte Perkins, der wie sein Freund Johnny Cash lange Alkoholiker war, einfach nicht mithalten.
3. Brian Setzer – der Wirbelwind unter den Rockabilly Gitarristen
Der frühere Stray Cats Gitarrist gehört mittlerweile zur älteren Garde, aber Müdigkeit und Ruhestand sind nicht sein Ding. Ob mit Big Band oder in einer Viermann-Combo, Setzer macht es immer noch vor, wie man mit Rockabilly eine wilde Party entfesselt. Explosive Hochgeschwindigkeitssoli gehören dabei zum Programm. Für manch einen ist der umtriebige Tollenträger schlicht der beste seines Fachs.
4. Danny Gatton – “The world’s greatest unknown guitarist”
Danny Gatton ist einer der vielen früh Verstorbenen in seinem Genre. Das ist umso trauriger, als “The world’s greatest unknown guitarist”, wie Gatton auch genannt wurde, immer für eine Überraschung gut war. Genregrenzen waren nichts für den Musiker, der es liebte, sich mit anderen Vertretern seines Fachs zu duellieren (daraus resultierte Gattons anderer Spitzname, “The Humbler”). Gatton mischte Rockabilly, Jazz und Blues nach Lust und Laune und wenn er wollte, spielte er Slide mit einer vollen Bierflasche.
5. Cliff Gallup – Topgitarrist der Blue Caps
Cliff wer? Ja, das mit dem Ruhm ist so eine Sache, wenn man “nur” Sideman ist. Dabei gilt Cliff Gallup für einige eingefleischte Rock’n’Roll-Fans schlichtweg als der beste Rockabilly-Gitarrist aller Zeiten. Als Mitglied von Gene Vincents Blue Caps ließ er in den 50er Jahren einige Soli vom Stapel, die bis heute unerreicht sind – bevor er sich aus dem Profibusiness zurückzog.
6. Reverend Horton Heat – der Gitarrenheld des Punkabilly
Jim Heat alias Reverend Horton Heat ist einer der eigenständigsten Künstler im Rockabilly-Umfeld. Gleichzeitig feierten der Reverend und seine Mannen mit ihrem Punkabilly auch im Mainstream Erfolge. Zahm gemacht hat sie das nicht. Neben seiner Eigenschaft als Bandleader gilt der Reverend selbst als herausragender Gitarrist, der wie in seinen Songs Jazz-Pickings und Surf-Gitarre mit bewundernswerter Lässigkeit verbindet und angeblich jede freie Sekunde zum Üben nutzt.
7. Eddie Cochran
Zu Lebzeiten veröffentlichte Eddie Cochran nur ein Album. Dass er trotzdem zu den ganz Großen seines Fachs gehört, liegt nicht nur an Gassenhauern wie “Summertime-Blues”, die so oft nachgespielt wurden, dass sie heute kaum noch “hörbar” sind. Cochran gilt auch als einer der ersten Rockgitarristen, die ihre Gitarre eigenständig modifizierten, um ihren Sound zu verändern.
8. James Burton – legendärer Session Player
Die sogenannten “Studiomusiker” werden gerne etwas geringschätzig betrachtet. Dabei gehören auch einige der interessantesten Rock’n’Roll- und Rockabilly-Musiker in ihre Riege. Dazu zählt James Burton, der seine Künste seit den 50s in die Dienste von Legenden wie Elvis Presley, Ricky Nelson, Jerry Lee Lewis und Emmylou Harris stellte. Erst vor Erst vor Kurzem war Burton noch auf Jerry Lee Lewis Abschiedstour zu sehen und zu hören. Gitarrespielen hält eben jung.
9. Tjarko Jeen – der Holländer mit den flinken Fingern
Er ist vor allem für seine Arbeit mit Ronnie Dawson bekannt – und auch da nur denjenigen, die sich für die Namen von Begleitmusikern interessieren. Auf der anderen Seite zählt JD McPherson zu den bekennenden Fans des Holländers. Wer den Namen Tjarko Jeen auf einer Plattenhülle liest, kann in jedem Fall sicher sein, dass er ein paar geschmackvolle Gitarrensoli zu hören bekommt.
10. Luther Perkins – Weniger ist mehr
Der bereits 1968 verstorbene Luther Perkins war kein besonders guter Gitarrist im traditionellen Sinn. Aber sein sparsames und rhythmisch akzentuiertes Spiel bei den Tennessee Two prägte den typischen Sound der Band entscheidend. So wurde der zurückhaltende Perkins unversehens zu einem Vorbild für viele Country und Rockabilly-Gitarristen. Seine ruhige Art machte ihn allerdings zur bevorzugten Zielscheibe von Witzen seines Bandleaders, der einmal auf der Bühne über seinen Gitarristen sagte: “We haven’t had the heart to tell him, but he’s been dead for two years now.”