Am 19. Januar jährte sich sein Todestag zum 17. Mal. Carl Perkins mag bei einem flüchtigen Blick auf seine Biografie als One Hit Wonder erscheinen. Für viele Musiker, von Eric Clapton bis Brian Setzer ist er ein Idol und einer der ganz Großen des Rockabilly. Noch heute verzweifeln viele ambitionierte Gitarristen an den raffinierten Licks und Akkordfolgen, die Carl Perkins aus dem Ärmel zu schütteln schien. Dazu war der Farmersohn ein großartiger Sänger und konnte auf der Bühne mit den Knien schlackern wie kein anderer. Grund genug für uns, uns einmal ein bisschen näher mit dem Rockabilly Pionier zu beschäftigen.
Vom Baumwollpflücker zum Musiker – die Jugend von Carl Perkins
Es war die Single “Blue Moon of Kentucky” von Elvis Presley, die Carl Perkin 1954 dazu bewog, einen Abstecher nach Memphis zu machen und sich Sam Philipps im Sun Studio vorzustellen. Als Musiker war er zu diesem Zeitpunkt kein Neuling mehr. Der 1932 geborene Perkins, der bereits mit 6 Jahren zusammen mit seinen Eltern zum Baumwollpflücken ausrücken musste, entdeckte früh seine Liebe zur Musik, den Gospelliedern, die er auf den Feldern hörte, und den Country und Blues Songs aus dem Radio.
Mitte der 40er Jahre begann er, zusammen mit seinen Brüdern Jay und Clayton Perkins bei lokalen Veranstaltungen aufzutreten. Sie unterstützten den Sänger und Gitarristen auch, als dieser seine erste Single im damals noch nicht legendären Sun Studio aufnahm – “Movie Magg”, ein Song, den Perkins mit 13 Jahren geschrieben hatte.
Blue Suede Shoes – die Entstehung einer Rockabilly-Hymne
Der größte Hit von Carl Perkins basierte angeblich zur Hälfte auf einer Erzählung von Johnny Cash. Demnach diente der Country Sänger und Labelkollege von Perkins bei seiner Militärzeit in Landsberg am Lech unter einem schwarzen Sergeanten mit dem Namen C.V. White. Immer wenn dieser den Stützpunkt verlassen durfte, legte er seine beste Uniform an und ermahnte sein Umfeld “Don´t step on my blue suede Shoes”. Dass der Offizier in Wirklichkeit nie blaue Wildlederschuhe, sondern immer normale schwarze Schuhe der Air Force trug, hatte für dieses Ritual keine Bedeutung.
Als Perkins kurze Zeit, nachdem ihm Cash diese Geschichte erzählt hatte, bei einem Konzert ein junger Mann begegnete, der dieselbe Ermahnung an sein Umfeld aussprach, war die Idee für seinen bekanntesten Song geboren. Glaubt man dem Sänger, schrieb dieser den Text noch in derselben Nacht – auf einen Kartoffelsack, weil er kein Stück Papier zur Hand hatte. Für Sam Philipps und das Sun Studio wurde “Blue Suede Shoes” der erste Millionenseller, für Carl Perkins wurde es sein einziger großer Hit, der immerhin bis auf Platz 2 der Billboard Charts kletterte. Dafür erhielt Perkins sogar von seinem Produzenten in bester Rock’n’Roll-Manier einen Cadillac als Dankescön
Erfolglos trotz guter Songs
Warum sich dieser Erfolg für den sympathischen Rockabilly Sänger nicht wiederholte, darüber lässt sich nur spekulieren. Daran, dass Perkins bald nach der Aufnahme von “Blue Suede Shoes” auf dem Weg zur populären “Perry Como Show” einen Autounfall hatte, lässt es sich schwer festmachen. Schließlich war der Rockabilly-Sänger trotz gebrochenen Schlüsselbeins schon nach einem Monat wieder auf den Füßen. Auch schnitt die später veröffentlichte Coverversion von Elvis entgegen einem verbreiteten Irrglauben deutlich schlechter in den Charts ab als das Original.
Mangelnde Inspiration kann man Perkins ebenfalls nicht unterstellen. Schon unmittelbar nach seiner Genesung produzierte er im Sun Studio Rockabilly-Kracher wie “Matchbox” oder “Everybody`s Trying To Be My Baby”, Songs, die ein paar Jahre später zum festen Repertoire der Beatles gehören sollten. Vielleicht war es so, wie Perkins selbst vermutete: Gegen das unverheiratete Sexsymbol Elvis Presley und dessen Hüftschwung hatte der sympathisch kantige Farmersohn keine Chance.
Als sein Bruder Jay 1958 an Krebs starb und die Verkäufe seiner Singles unabwendbar in den Keller gingen, reagierte Carl Perkins so wie viele andere in seinem Beruf: Er betäubte sich mit Alkohol. Seine Auftritte fanden jetzt wieder in Honky Tonk Bars statt sowie eine Zeitlang im Golden Nugget Casino in Las Vegas. 1963 nahm sich schließlich Carls anderer Bruder Clayton das Leben.
England und Johnny Cash retteten Perkins
Das erste Mal wieder als Star durfte sich Carl Perkins fühlen, als er 1964 mit Chuck Berry durch England tourte. Die jungen Musikfans im Heimatland der Beatmusik feierten die Rock’n’Roller als lebende Legenden. Wieder zurück in den USA trat Perkins vor allem mit seinem Freund und Unterstützer Johnny Cash als Sideman und Teil der Johnny Cash Show auf. Der Alkohol machte ihm allerdings weiter zu schaffen. Auch der Versuch, die Sucht zu bekämpfen, indem Perkins statt Schnaps nur Bier trank, erwies sich erwartungsgemäß nicht als Lösung des Problems.
Dass es Perkins schließlich schaffte, sich endgültig von seiner Lieblingsdroge zu verabschieden, ist auch Johnny Cash zu verdanken, der selbst mit seiner Such tkämpfte. Beide stützten sich in ihrem Kampf und beide waren letztendlich erfolgreich. Damit war es Perkins doch noch vergönnt, wieder Spaß am Leben als Rockabilly-Musiker zu finden – und letztendlich auch die Anerkennung, die er verdiente.
Das Rockabilly Revival in den 80ern bescherte dem Sänger und Gitarristen neue Aufmerksamkeit und war der Auftakt zu einer ganzen Reihe von gemeinsamen Auftritten und Aufnahmen mit Musikern von Lee Rocker über Eric Clapton bis hin zu Duane Eddy. 1987 wurde Perkins endlich in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen. Sein letztes Album “Go Cat Go” erschien 1996, zwei Jahre vor seinem Tod, und präsentierte den Rockabilly-Pionier noch einmal in Höchstform.