Christian Warlich – der König der Tätowierer

Christian Warlich beim Tätowieren

Er war Seemann, Kneipenwirt und ein Meister der Tätowierkunst. Das Museum für Hamburgische Geschichte widmet Christian Warlich eine eigene Ausstellung. Als Entschädigung dafür, dass die geschlossen ist, zeigen wir euch ein paar Eindrücke aus dem Leben und Werk des “Königs der Tätowierer”.

 

„Alles, was der männliche Körper ausdrücken soll, steche ich ein…

Politik, Erotik, Athletik, Aesthetik, Religiös!! in sämtl. Farben nur elektrisch an allen Stellen.” Das versprach Christian Warlich seinen Kunden. Im selben Atemzug warnte er vor unseriösen Konkurrenten. „Gebt euren Körper nicht in die Hände von Pfuschern!“

 

Warlich mit Vorlagenbuch

Christian Warlich zeigt Interessierten seine Tattoovorlagen.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ungerechtfertigt war diese Warnung nicht. Denn Berufstätowierer waren in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts Mangelware in Hamburg. Wer sich aber in die Hände der zahlreichen Amateure begab, riskierte nicht nur ein zweifelhaftes Ergebnis. Auch das mit der Hygiene war in diesem Fall ein Roulettespiel.

Warlich aber war nicht nur künstlerisch begabt und sorgfältig. Er verwendete auch als vielleicht erster seiner Zunft in Deutschland eine elektrische Tätowiermaschine.

 

Tätowieren in der eigenen Kneipe auf St.Pauli

Ursprünglich kam Christian Warlich aus der Nähe von Hannover. Doch nachdem er in Dortmund eine Lehre zum Kesselschmied absolviert hatte und einige Jahre zur See gefahren war, ließ er sich auf St.Pauli nieder. Dort machte er das, was man auf St. Pauli eben so tut: Er eröffnete eine Kneipe. Sein „Atelier moderner Tätowierungen“ im selben Gebäude war ungewöhnlicher. Die meisten anderen Tätowierer dieser Zeit stachen mal hier, mal dort – in Bordellen, Frisörläden oder Bars, die anderen gehörten.

 

Christian Warlich in seiner Kneipe

Christian Warlich an der Theke seiner Kneipe.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Warlich hatte seinen eigenen Laden, und nicht nur das. Er hatte auch ein Händchen für Marketing. Ob Reklamezettel, ein eigener Vertrieb für Tätowiermaterial oder Helfer, die potenzielle Kunden auf der Straße ansprachen, Warlich überließ nichts dem Zufall. Falsche Bescheidenheit wollte er sich auch nicht vorworfen lassen. Das zeigt die folgende Geschäftskarte des “Electric Tattooing Artist”.

 

Geschätskarte Christian Warlich

Da können wenige Visitenkarten mithalten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Ob ihn das allein berühmt gemacht hätte? Wahrscheinlich nicht ohne seine künstlerische Handschrift.

 

Was Warlichs Motive besonders machte

Anker, Segelschiffe, Schlangen… Auch bei Warlich wiederholten sich typische Motive seiner Zeit. Motive, die heute als Oldschool-Tattoos gelten. Allerdings sah das Ergebnis bei ihm besonders gut aus. Obwohl Autodidakt, zeichnete und tätowierte Warlich filigraner als die meisten seiner Kollegen. Das sieht man auf seinen Vorlagenzeichnungen, die heute als Schatzkiste der Tattoogeschichte gelten.

 

Vorlagenbuch Warlich

Motive wie die Raubkatze waren charakteristisch für Warlich.

Außerdem gab und gibt es ein paar Motive, die für Warlich charakteristisch waren: der Raubkatzenkopf zum Beispiel oder ein ganz bestimmter Schmetterling. Diese Motive inspirieren Tätowierer und ihre Kunden bis heute rund um den Globus– ein untrügliches Zeichen dafür, dass Warlichs Kunst seine Zeit überlebt hat.

Warlichs Kunden kamen übrigens aus allen Gesellschaftsschichten. Neben bärbeißigen Seemännern waren darunter auch Hausfrauen und angeblich sogar zwei dänische Prinzen.

 

Christian Warlich beschränkte sich nicht aufs Stechen

Nicht nur im Stechen von Tattoos war Christian Warlich Pionier, sondern auch bei ihrer Entfernung. Mithilfe einer von ihm entworfenen chemischen Tinktur konnten sich beispielsweise Leute, die den Namen ihrer Ex nicht mehr auf der eigenen Haut lesen wollten, von ihrem Tattoo trennen. Angeblich war das sogar schmerzlos. Allerdings basierte die Funktionsweise der säurehaltigen Lösung darauf, dass sich Haut und Farbe ablösten. Das lief nicht ohne Narben ab und entspricht nicht ganz heutigen Vorstellungen von Tattooentfernung.

 

Kunde von Christian Warlich

Ein Kunde von Christian Warlich.

Erst vor wenigen Jahren übrigens wurde die Rezeptur dieser Tinktur rekonstruiert, nachdem sie Warlich bei seinem plötzlichen Tod mit ins Grab genommen hatte.

Neugierig geworden? Dann zu einem virtuellen Rundgang durchs Museum. Vielleicht ist das ja die perfekte Inspiration für das nächste Bild auf dem eigenen Körper.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Fotos mit freundlicher Genehmigung des Museums für Hamburgische Geschichte

  • Titelbild: Christian Warlich tätowiert Karl Oergel ca. 1930 (SHMH)
  • Christian Warlich zeigt Kunden sein Vorlagealbum ca. 1936 (Erich Andres/SHMH)
  • Christian Warlich an der Theke seiner Gaststätte ca. 1960 (SHMH)
  • Geschäftskarte von Christian Warlich vor 1948 (SHMH)
  • Doppelseite aus dem Vorlagealbum von Christian Warlich, Zeichnungen um 1934 , Museum für Hamburgische Geschichte (Christoph Irrgang)
  • Ein Kunde von Christian Warlich (SHMH)