Rockabilly Label Stories – Fernwood Records

Für eine kurze Zeit in den 50er Jahren war Memphis einer der aufregendsten Orte für junge Rockmusikfans. Die kommerziellen Erfolge, die das Sun Studio mit Künstlern wie Carl Perkins, Elvis Presley und Johnny Cash feierte, inspirierten so manch einen anderen dazu, es Sam Phillips nachzumachen und ein Label zu gründen. Darunter war Slim Wallace, der mit Fernwood Records ein kleines, aber feines Stück Rockabilly-Geschichte schrieb – das heute leider weitgehend in Vergessenheit geraten ist.

Der holprige Anfang von Fernwood Records

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Sam Phillips mit Elvis, Scotty Moore und Bill Black / wikimedia.com

Dass es musikalisch begabte Lastwagenfahrer weit bringen konnten, hatte der King of Rock’n’Roll höchstpersönlich bewiesen. Slim Wallace war zwar kein Sänger, aber er besaß eine eigene Band und als Sänger für Slim Wallace’s Dixie Ramblers war Mitte der 50er Jahre kein Geringerer als Billy Lee Riley tätig. Welche Bedeutung dieser noch für die Geschichte des Rockabilly entfalten sollte, war zu diesem Zeitpunkt noch nicht absehbar, dass Riley ein außerordentlich talentierter Sänger war, schon. Entsprechend sollte auch die erste Single des von Riley und Wallace 1956 gegründeten Labels Fernwood Records eine Single von Billy Lee Riley sein.

Allerdings lief die Sache nicht so, wie Wallace sie sich vorgestellt hatte. Denn als dieser die Nummern “Trouble bound / Rock with me Baby”) zum Mastering im Sun Studio vorbeibrachte, war Sam Phillips so begeistert, dass er Riley postwendend einen Vertrag bei Sun Records anbot.Damit musste Wallace einen neuen Anlauf nehmen. Dieser endete mit der ersten Single von Fernwood Records, “Love Gone / No Chance” mit dem Sänger Ramon Maupin, eine Single, die sich leider als Flop erwies.

Frischer Wind mit Scotty Moore

Tragedy

Die einzige Hitsingle von Fernwood Records / wikimedia.com

Für neuen Schwung bei Fernwood Records sorgte kein geringerer als Scotty Moore. Der Gitarrist und langjährige Weggefährte von Elvis Presley, sah sich nun, als der King of Rock’n’Roll zur Armee eingezogen wurde, von Fernwood Records beziehungsweise Slim Wallace als Vizepräsident und Studioproduzent eingestellt. In dieser Funktion ergänzte er zunächst einmal die sogar für die frühen Tage des Rockabilly mickrige Studioausrüstung von  Slim Wallace, die aus nicht viel mehr als einem Mono Tape Recorder und zwei oder drei Mikrofonen bestand. Außerdem sorgte er mit seinem feinen Gespür für modernen Rock’n’Roll dafür, dass das Label in den nächsten Jahren einige bemerkenswerte Rockabilly-Aufnahmen hervorbrachte. In der musikalischen Begleitung war Scotty zusammen mit seinen beiden ehemaligen Weggefährten bei Elvis Presley, Bassist Bill Black und Drummer D.J. Fontana ohnehin eine Klasse für sich sich. Unterstützt wurden sie außerdem des öfteren von Reggie Young, einem anderen Gitarristen, der sich in den nächsten Jahrzehnten zu einem der gefragtesten Sessionmusiker in den USA entwickeln sollte.

Als richtig erfolgreich erwies sich allerdings nur eine Fernwood-Single, die unsagbar kitschige Ballade “Tragedy” von Thomas Wayne. Dieser hieß eigentlich mit vollem Namen Thomas Wayne Perkins und war der Bruder von Luther Perkins, der als Gitarrist von Johnny Cash in die Rock’n’Roll-Geschichte einging. Das 1959 veröffentlichte Tragedy schaffte es immerhin bis auf Platz 5 der Billboard-Charts und verkaufte sich mehr als eine Million Mal. Das war ein Erfolg, den weder Thomas Wayne noch Fernwood Records in den nächsten Jahren wiederholen konnten.

Guter Rock’n Roll mit wenig kommerziellem Erfolg

Fernwood Records operierte bis ins Jahr 1968, als eine Flut Teile des Sitzes des Labels verwüstete und beinahe alle Masteraufnahmen und Platten vernichtete. Die letzte offizielle Single war allerdings schon 1965 veröffentlicht worden. Während sich der Erfolg von Fernwood Records in engen Grenzen hielt, genießen einige Aufnahmen des Labels bei Rockabilly-Fans heute eine hohe Beliebtheit. Dazu gehört zum Beispiel das Instrumental “Have guitar, will travel”, das Scotty Moore 1958 zusammen mit Bill Black und D.J. Fontana aufnahm.

Für gute Laune auf der Tanzfläche sorgen auch heute noch das beschwingt swingende “You`re my Baby” von Bill Reeder oder das straight rockende “Saturday Night Twist” von Doug Clayton, das freilich mit Twist außer dem Titel wenig zu tun hat. Überhaupt zeigte sich Fernwood bis zum Ende vom Zeitgeist wenig beeindruckt. Von Surf oder Beatmusik wollte man an dieser Stelle in Memphis wenig wissen. Stattdessen gab es auch nach den Hochzeiten des Sun Labels Rockabilly, Country und rockige Instrumentals von Künstlern wie dem Saxophonisten Ace Cannon. Bei einigen eingefleischten Elvis-Fans machte der Name Fernwood Records die letzten Jahre übrigens die Runde in Zusammenhang mit dem Gerücht, es seien einige bisher nicht bekannte Aufnahmen des King of Rock’n’Roll aufgetaucht – ein Gerücht, das wahrscheinlich ein solches bleiben wird…