Tragische Unfälle gibt es in der Musikerwelt viele und einige davon haben so manche vielversprechende Karriere vorzeitig beendet – man denke nur an Buddy Holly. Auch Rockabilly-Pionier Gene Vincent blieb davon nicht verschont. Als Eddie Cochran am 17. April 1960 bei einer Taxifahrt mit Höchstgeschwindigkeit tödlich verunglückte, traf es auch den sich ebenfalls im Taxi befindenden Vincent. Schon Jahre zuvor war dieser in einen schweren Motorradunfall verwickelt gewesen. Doch dieser hatte zumindest etwas Gutes für alle Rock´n´Roll-Fans. Denn so entschied sich Vincent für die Musik und nicht für ein Leben bei der Navy.
Gene Vincent- ein Karrierestart der besonderen Art
Der 20-jährige Vincent Eugene Craddock hatte gerade für weitere 6 Jahre bei der Navy unterschrieben als ihm im Mai 1955 ein Motorradunfall einen Strich durch die Rechnung machte. Dabei wurde sein linkes Bein so schwer in Mitleidenschaft gezogen, dass die Ärzte eine Amputation vorschlugen. Vincent jedoch weigerte sich und trug so den Rest seines Lebens eine Metallschiene.
Seine militärische Karriere war damit beendet, aber eine andere sollte erst noch beginnen. Bereits zu seinem 12. Geburtstag hatte Vincent eine Gitarre geschenkt geworden und jetzt, nachdem er für die Navy untauglich geworden, war widmete er sich ganz der Musik. Bereits ein Jahr nach seinem Motorradunfall schrieb er einen Song, der zu den ganz großen Hits der Rockabilly und Rock´n´Roll-Geschichte gehört.
Be-Bop-A-Lula – Geburt eines Klassikers
Zweifellos kamen dem jungen Gene Vincent die Umstände entgegen. Ob sich irgendjemand in der Musikindustrie noch wenige Jahre früher für das in seiner textlichen Schlichtheit geniale “Be-Bop-A-Lula” interessiert hätte, ist fraglich. Doch 1956 waren Amerika und die Plattenindustrie bereits im Elvistaumel und Gene Vincent…nun ja, klang eben ein bisschen nach Elvis. Zuviel Hitpotenzial wurde “Be-Bop-A-Lula” von Capitol dennoch nicht zugestanden, sodass der Song zunächst als B-Seite der Single “Woman Love” verkauft wurde.
Doch die Reaktionen der wachsenden Zahl an Rockabilly-und Rock´n´Roll-Fans waren beachtlich, nicht nur in den USA. Während ein Kritiker des New Musical Express in England Gene Vincents Single als Paradebeispiel für geist- und hirnlose Musik ansah, waren die Teddy Boys in Großbritannien ebenso davon begeistert wie viele amerikanischen Plattenkäufer. “Be-Bop-A-Lula” wurde zu einem Hit, den keine später berühmte Kellerband in Liverpool in ihrem Programm vermissen ließ.
Gene Vincents zweite Karriere in England
Die englischen Fans sollten letztendlich auch diejenigen sein, die Vincents Karriere neues Leben einhauchten, als diese in Amerika bereits auf dem absteigenden Ast war. In den Staaten konnte Vincent seinen Erfolg mit Be-Bop-A-Lula nie wiederholen, obwohl er eine Reihe hervorragend swingender und rockiger Singles hervorbrachte, darunter das legendäre “Gonna Back Up, Baby” und den Hit “Dance to the Bop”. Am Ende des Jahrzehnts hatte Vincent zunehmend Schwierigkeiten, von amerikanischen DJs gespielt zu werden.
Dafür bekam er in England neuen Aufwind. Mit dafür verantwortlich war der legendäre TV-Produzent Jack Good, der Vincent für seine Sendung “Boy Meets Girls” verpflichtet hatte. ER überredete Vincent, sich für seine Auftritte ganz in schwarzes Leder zu kleiden und sich eine silberne Kette um den Hals zu hängen. Nach eigenen Aussagen hatte Vincent den TV-Produzenten und Literatur-Fan Good mit seinem Hinken an Richard III erinntert, was ihn wiederum auf die Idee brachte, dem Rocker ein eher düsteres “Hamlet”-Image zu geben. Die britischen Fans zeigten sich von der Lederkluft ebenso begeistert wie von Vincents energetischen Auftritten – obwohl wahrscheinlich kaum einer von ihnen die Verbindung zu Hamlet herstellte. Sogar neue Hitparadenerfolge hatte der Star mit “My Heart” und “Wild Cat”.
Allerdings sollte diese Phase bald eine traurige Wendung nehmen. Eigentlich war die Tatsache, dass der in England ebenfalls beliebte Eddie Cochran Vincent auf Tour begleitete, ein zusätzlicher Anreiz für Rockabilly- und Rock´n´Roll-Fans. Leider setzte eine Taxifahrt 1960 dieser Tour ein jähes Ende.