Auch in Deutschland werden die Jeans in den 50er Jahren zum Anlass von Konflikten in Schule, Elternhaus und “Tanzveranstaltungen”. Nach dem Zweiten Weltkrieg legen die vorher kaum bekannten Denimhosen einen beeindruckenden Siegeszug hin – zumindest bei der jungen Generation, die ohnehin im Begriff ist, vieles anders zu machen als ihre Eltern.
GIs, Marlon Brando und Elvis Presley – Verbreitung der Jeans
Die ersten, die die Jeans nach Europa bringen, sind Soldaten der Besatzungstruppen. Amerikanische GIs, die aus dem Westen Amerikas stammen, tragen auch in ihrer Freizeit in Deutschland Denim. Wichtiger als Modevorbilder sind aber für deutsche Jugendliche Stars wie Marlon Brando oder James Dean. Als sich in den 50er Jahren die sogenannten “Halbstarken” formieren, gehört die “Nietenhose” ebenso zu ihrem Outfit wie Westernhemden. Dazu sorgen schon bald Rockabilly und Rock’n’Roll für die richtige musikalische Untermalung jugendlicher Rebellion.
Mitte der 50er Jahre hat übrigens auch Levi Strauss & Co. das Potenzial erkannt, das die Beliebtheit der Jeans bei Jugendlichen mit sich bringt. 1956 bringt das Unternehmen schwarze Hosen unter dem Namen “Elvis Presley Jeans” auf den Markt, ein Verkaufsschlager, den Elvis selbst gar nicht besonders schätzt. Der King of Rock’n’Roll will lieber nicht von Arbeitshosen an seine arme Vergangenheit erinnert werden, eine Tatsache, die seinen Fans natürlich verschwiegen wird.
Amerikanische Jeans aus Raw Denim sind im Lauf der 50er Jahre besonders begehrt in Deutschland, aber zunächst offiziell wegen einer Beschränkung der Einfuhr von Baumwollkleidung überhaupt nicht erhältlich. Billiger und leichter erhältlich sind einheimische Varianten. Die erste deutsche Jeans stellt bereits 1948 die L. Hermann Kleiderfabrik (später Mustang) in Künzelsau her. Als Vorlage für die deutschen “Röhrleshosen” dienen der Legende nach sechs amerikanische Original-Jeans, die der Schwiegersohn der Unternehmensgründerin bei US-Soldaten im Frankfurter Rotlichtviertel gegen sechs Flaschen Schnaps – Hohenloher Getreidebrand – tauscht.
Raw Denim Jeans – von Eltern unerwünscht
Heute sind Jeans in jedem Kleiderschrank zu finden, auch wenn es immer noch solche und solche Jeans gibt. Welches Konfliktpotenzial die Hosen in bundesdeutschen Familien der 50er Jahre entfalteten, ist deshalb im Nachhinein kaum vorstellbar. Gerade dort, wo Rockabilly und Rock’n’Roll als “Dschungelmusik” gelten und Elvis Presley als Untergang des Abendlandes, (der Spiegel bezeichnet den Sänger wegen seiner Bühnenakrobatik sogar einmal als “epileptischen Gartenschlauch”) werden Jeans ebensowenig geduldet wie eine Tolle.
Das bedeutet, dass ein Jugendlicher in den 50er Jahren, der sich in einer solchen Hose an den Esstisch setzt oder darin zur Schule gehen will, mit einer Tracht Prügel rechnen muss. Auch hier ist die Reaktion der Jungen wenig überraschend. Zumindest diejenigen, die Elvis Freddy Quinn vorziehen, tauschen das von den Eltern abgesegnete Beinkleid nach Verlassen des Hauses einfach gegen eine Raw Denim Jeans und versuchen alles, um aus dem Topfschnitt noch eine Pomaden Tolle herauszukitzeln.
Die Hose setzt sich durch
Gesellschaftsfähig werden Jeans in Deutschland zunehmend gegen Ende der 50er Jahre. Dann ist mit dem wilden Rock’n’Roll erstmal Schluss. Stattdessen wird die Zeit bis zu den Beatles und Rolling Stones mit Teenager-Musik überbrückt. Peter Kraus und Conny Froboess geben den Ton an. Beliebt sind sie bei Eltern nicht unbedingt, aber als potenzielle Schwiegersöhne bzw. Schwiegertöchter geben sie immer noch ein besseres Bild ab als Elvis Presley. Mit den Teenagern verbreitet sich die Jeans auch bei jungen Frauen. Sie spielt auch eine wichtige Rolle in Songtexten, man denke nur an Connys “Blue Jean Boy”.
Gern gesehen werden die ehemaligen Arbeitshosen von der älteren Generation immer noch nicht, aber der Widerstand erlahmt zusehends und allmählich kommen auch junggebliebene Eltern auf den Geschmack. Zeit für etwas Neues, Haare, die bis über die Ohren reichen zum Beispiel…