Halloween in den 1950s – eine Zeitreise

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Trick or Treat? Halloween ist endgültig angekommen in Deutschland, und damit ausgehöhlte Grinsekürbisse, wandelnde Skelette und Kinder-Gangs auf der unerbittlichen Jagd nach Süßigkeiten. In den USA ist der Gruselspaß  ein alter Hut. Manche seiner modernen Formen gehen aber zurück auf die 50er Jahre.

 

Riot in the streets – Anarchie am 31. Oktober

In den 30er- und 40er-Jahren war Halloween in den USA beliebt und gefürchtet zugleich. Anfangs hatte das Fest, das sich  durch den vermehrten Zuzug von Iren in Amerika verbreitet hatte, vor allem als Anlass zu harmlosen Kostümfesten gedient. Das Schlimmste, was dabei geschah, war, dass die Gäste die spärliche Beleuchtung ausnutzten, um der zeitgenössischen Sexualmoral ein Schnippchen zu schlagen. Weiß ja jeder, dass im Dunkeln gut Munkeln ist.

Auch Streiche hatten zu diesen “Partys” gehört. Doch als immer mehr gelangweilte Jugendliche Halloween als perfekte Gelegenheit entdeckten, mal richtig die Sau rauszulassen, wurden daraus zunehmend handfeste Randale mit allen bekannten Folgeschäden: zerbrochene Fensterscheiben, geplünderte Shops und schwere Verletzungen. Letzteres resultierte weniger aus dem Treiben der jugendlichen Rowdys als aus dem berüchtigten Hang vieler Amerikaner zur Selbstverteidigung via Schußwaffe. Der Anlass stand dabei selten in einem nachvollziehbaren Verhältnis zur Reaktion. So wurden mehrfach Jugendliche scharf beschossen, die Farmhäuser mit Äpfeln bewarfen, in Vorgärten Steine auftürmten oder einfach nicht schnell genug von einem fremden Grundstück verschwanden.

Halloween-Parade

Halloween Paraden in den Nachkriegsjahren hatten einiges gemeinsam mit heutigen Karnevalsumzügen.

In größeren Städten sah sich die chronisch überforderte Polizei mit Horden von übermütigen Heranwachsenden konfrontiert, die Böller in Briefkästen versenkten, Hydranten öffneten, Feuer entzündeten und Autos mitten auf der Straße parkten.

Die sogenannten Kew Beach Riots in Toronto mündeten 1945  in einer Straßenschlacht zwischen mehreren Tausend Jugendlichen und der Polizei. Kein Wunder, dass lokale Behörden alles versuchten, um Halloween-Fans von der Straße zu bekommen. Ob bunte Paraden mit Blasmusik und aufblasbaren Riesenpuppen, Karnevals oder Vaudeville-Aufführung, Städte und Gemeinden zogen alle Register. Zumindest gelang es ihnen so häufig, unbeteiligte Passanten vom Schlachtfeld fernzuhalten.

 

 

Die 50er-Jahre – Halloween wird brav

In den 50s erfüllte sich der Wunschtraum besorgter Behördenvertreter. Halloween wurde immer mehr zum “Kindergeburtstag” und immer weniger zum Anlass für Randale. Das betraf auch das berühmte “Trick or Treat”, das schon in den 30er-Jahren verbreitet gewesen war. Da hatten es allerdings in vielen Fällen gelangweilte Beinah-Erwachsene zum Vorwand für  Sachbeschädigungen genommen.

Nun zogen 31. Oktober vor allem Gruppen verkleideter Kinder durch die Nachbarschaft, um sich mit Süßigkeiten beschenken zu lassen – das “Trick” verkam in diesem Zusammenhang zur leeren Drohung. Natürlich war dieses Timing kein Zufall. Schließlich standen die Zeichen nach dem Krieg auf Familie, Kinder und ungehemmten Konsum.

Verkleidete Kinder Halloween

Für Kinder war Halloween in den 50s ein besonderes Event.

Damit nahm die Vermarktung des Gruselfestes richtig Fahrt auf. Zwar scheiterte die Süßigkeitenindustrie mit ihrem Versuch, einen “Candy Day” im offiziellen Kalender zu verankern. Erfolgreich dagegen waren sie mit Bemühungen, amerikanische Vorstädte mit Schokoriegeln (ganz groß: Milky Way), Lollies und Co. zu fluten. Für den stilvollen Transport für Erwachsene, die vorsorglich ihre Vorräte aufstocken wollten, gab es Plastikkürbisse. Auch der Verkauf von Kostümen florierte – von Hexen über Cowboys bis zu Piraten.

Eine “selbstlose” Seite hatte Halloween in den 50er-Jahren allerdings ebenfalls. Den Anstoß dafür gab Mary Emma Allison aus Bridesburg, Philadelphia. Sie kam 1950 zuerst auf die Idee, Kinder statt Süßigkeiten Geld für UNICEF, das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen, sammeln zu lassen. Nur wenig später wurde daraus eine landesweite Spendenaktion und 1967 erklärte Präsident Lyndon B. Johnson Halloween zum “UNICEF Day” in den USA. So schnell kann’s gehen.

 

Titelbild:

Halloween 1950 Anaheim California (Photo Courtesy of Orange County) / CC BY 2.0

Bilder im Text:

Halloween 1950 Anaheim California (Photo Courtesy of Orange County) / CC BY 2.0

Children in Halloween costumes, Little Smoky River Farm Industries settlement (21992547943) (Provincial Archives of Alberta ) / No restrictions