Eines der Zaubermittel, um Rock’n’Roll so richtig nach Rock’n’Roll in seiner ursprünglichsten Form klingen zu lassen, lautet “Twang“. Womit ein obertonreicher, glockiger, zumeist durch Hall oder Echo aufgepeppter Gitarrensound gemeint ist. Mehr “Twang“ geht nicht, gilt für die aus den Niederlanden kommenden Hank the Knife and the Jets. Wobei Frontman Henk Bruysten, der auch von der legendären Rock’n’Roll-Band-Band Long Tall Ernie and the Shakers bekannt ist, die Überdosis “Twang“ nicht mit einer Gitarre, sondern einem 6-saitigen Bass erzeugt!
Die Welt der tiefen Töne
Gitarrenhersteller Fender hatte 1961 die Idee, einen Bass mit 6 Saiten auf den Markt zu bringen. Das VI getaufte Instrument ist der leichten Bespielbarkeit wegen mit einem gegenüber regulären Bässen kürzeren Hals sowie schmaleren Griffbrett ausgestattet. Und anstelle von 4 Saiten sind halt so wie bei einer Gitarre 6 Saiten aufgezogen, die eben nur ein wenig dicker sind. Fenders Mission: Man wollte Gitarristen den Einstieg in die Welt der tiefen Töne erleichtern. Die prominentesten Musiker, die das Angebot annahmen, waren John Lennon und George Harrison. Wenn Paul Mc Cartney bei Aufnahmen Gitarre oder Keyboard spielte, griffen John oder George zeitweilig zum Fender VI, um den Bass-Part zu übernehmen. Trotz der Beatles und einiger anderer hochkarätiger Referenzen wurde der VI kein besonderer Verkaufsschlager, worauf die Produktion 1975 eingestellt worden ist und es erst in späteren Jahren Wiederauflagen gab.
Die Hitparaden geknackt
Inspiriert durch Jet Harris von den Shadows, der sich ebenfalls des Fender VI bediente und mit einer eigenen Single den Number-One-Hit “Diamonds“ landete, kaufte sich Henk Bruysten Mitte der Siebziger einen gebrauchten Fender VI. Der besondere Trick von Jet Harris: Er verwendete den Bass nicht in begleitender Weise, sondern spielte reichlich “twangende“ Solo-Gitarren-ähnliche Melodie-Linien damit. Und genau das tat auch Hank the Knife mit den Jets im Rücken und bewies angesichts von durchschlagenden Nummern, wie “Guitar King“ oder “Stan the Gun Man“, dass man mit am Rock’n’Roll der Fünfziger orientierten Songs auch in den Siebzigern noch die Hitparaden knacken konnte. Der “Twang“ ohne Ende bietende Klang des Fender VI wurde zum absoluten Markenzeichen von Hank the Knife and the Jets. Und wohl niemand anderer in der gesamten Musikgeschichte hat sich den coolen Sound des Fender VI so sehr zunutze gemacht wie Henk Bruysten. Bis heute! Denn Hank the Knife and the Jets, kann man nach nunmehr 48 Jahren immer noch live auf der Bühne erleben. Grund genug für ein Interview mit Henk am Rande eine Konzerts im Café Cactus in Hengelo.
Interview mit Henk Bruysten
Rockabilly Rules (RR): Wie bist Du in den Siebzigern auf die Idee gekommen, am Rock’n’Roll der Fünfziger orientierte Musik zu machen und dabei einen 6-saitigen Bass in den Vordergrund zu rücken?
Henk: Ich war immer ein großer Fan der Shadows. Zu denen gehörte Jet Harris, und der spielte unter anderem eine 6-saitige Bassgitarre, was mir sehr gefiel. Jahre später habe ich mir selbst dann einen Fender VI gekauft.
RR: Wie haben es Hank the Knife and the Jets geschafft, zur Blütezeit der Disco-Musik mit im Rock’n’Roll verwurzelten Songs an einen Plattenvertrag zu kommen?
Henk: Ich spielte bei Long Tall Ernie and the Shakers, die Rock ‘n‘ Roll machten. Dann entschloss ich mich, dort auszusteigen, um eine eigene Band zu gründen. Ich verwendete zunächst noch einen gewöhnlichen 4-saitigen Bass, bis ich in einem Second-Hand-Laden den Fender VI entdeckte. Und damit klappte es, wir brachten “Guitar King“ heraus!
RR: Hast Du dann immer weiter mit den Jets gespielt, oder gab es irgendwann eine Pause?
Henk: Es gab mehrere Unterbrechungen. Ich habe meine eigenen Alben gemacht – darunter zwei instrumentale CDs. Aber viele sagten, ich solle doch Hank the Knife and the Jets wieder aufleben lassen. Unser Sänger war jedoch verstorben. Schließlich stießen wir auf Arnoud, einen jüngere Kerl, der Gitarre spielt und auch den Lead-Gesang übernimmt. Wir bringen all die alten Sachen auf die Bühne.
RR: Was überhaupt hat es mit dem “The Knife“ auf sich?
Henk: Bei Long Tall Ernie and the Shakers hatten wir alle Spitznamen. Als ich dann mit der eigenen Band anfing, wollte die Record Company, dass ich meinen Namen beibehalte.
RR: Besteht eine Chance, dass es nochmal ein neues Album von Hank the Knife and the Jets geben wird?
Henk: Ich weiß es nicht… Im Moment weiß ich es nicht. Ich habe einen Block zum Schreiben von Stücken, aber ich weiß nicht, ob es ein Album geben wird.
RR: Gibt es sonst irgendwelche Pläne oder besondere Aktivitäten?
Henk: Wir spielen einfach unsere Gigs und machen das, woran wir Spaß haben.
RR: Weiterhin viel Erfolg, und danke für das Interview.
Mehr über Hank the Knife and the Jets findet ihr hier.
Fotos: Frank Wiesman
Zu dieser Story habe ich eine kleine Geschichte.
Nachdem ich “Guitar King“ in Ilja Richters Disco gesehen hatte, musste ich diesen Song unbedingt haben und es sollte zugleich meine erste Single-Schallplatte werden. Diese habe ich dann jeden Tag auf unserem kleinen Plattenspieler abgespielt, bis mein Vater sagte: „Kauf dir endlich einmal eine andere Schallplatte!“ Er gab mir 10,- Mark, den Rest habe ich aus meinem Sparschwein genommen und ich bestellte mir im Radiogeschäft in Daun das Album dieser Band. Als es endlich da war, bin ich die 12 Km nach Daun und zurück zu Fuß gelaufen, ein Auto hatten wir damals noch keines. “Guitar King“ war auch der erste Song auf dem Album und jeder kann sich wohl denken, was mein Vater dazu gesagt hat. Beim nächsten Song der LP hat er sich dann aber wieder beruhigt. Mit dieser kleinen Vorgeschichte wollte ich einmal beschreiben, was Musikverrückte damals alles gemacht haben, um an die LP von Hank the Knife & the Jets heranzukommen. Heute kann ich die Songs in einer Minute bei Amazon downloaden.
Aber ich habe das alles gerne getan, denn diese Musik begleitet mich jetzt seit 47 Jahren und hat mir immer wieder auch durch schwere Zeiten geholfen. Hank ist mein Guitar King und wird es auch für immer bleiben.
Danke an Michael Stein für diese tolle Story.
Keep on rockin’
Wilhelm Eric Berwanger