Hot Rods – Geschichte einer Legende auf vier Rädern

"Model T Rad Rod" by Jonathan Leung / CC BY 2.0

Hot Rods sind ein einzigartiges Phänomen. Ihre Geschichte erzählt von illegalen Straßenrennen, fantasievollen Schraubern und dem Gefühl, mit 160 Sachen durch ein ausgetrocknetes Seebett zu rasen. Kein Wunder, dass ein echtes Hot Rod bis heute der Traum vieler Rock’n’Roller ist. Bei manchen, so wie bei Ex-Stray-Cat Brian Setzer, bleibt es nicht beim Traum.

Geboren aus Not und Langeweile heraus

Hot Rods werden mit Vorliebe mit den 50er Jahren in Verbindung gebracht. Dabei reicht ihre Geschichte gut zwanzig Jahre weiter zurück in ein Amerika, das sich fest im Würgegriff der Great Depression befindet. Millionen Arbeitslose, die das Land auf der verzweifelten Suche nach einem Job durchstreifen, prägen das Bild. Das Geld ist knapp und wer seinen Spaß haben will, muss zusehen, dass dieser möglichst wenig kostet.

 

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In der Great Depression waren Arbeit und Geld knapp

In dieser Situation sind es vor allem junge Männer in Südkalifornien, die sich auf die Suche nach alten Autos machen – neue sind für sie in der Regel unerschwinglich. Meist handelt es sich bei den Fundstücken um Ford Model Ts oder As. Die müssen in vielen Fällen generalüberholt werden, damit sie sich überhaupt von der Stelle bewegen. Die dafür notwendigen Teile finden sich auf Schrottplätzen, anschließend wird geschraubt und gehämmert, was das Zeug hält. Ziel des Ganzen ist weniger, mit dem fertigen Wagen die Milch beim Krämer abzuholen. Stattdessen geht es den jungen Fahrern vor allem darum, gegeneinander in Rennen anzutreten.

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Klassische Hot Rods basieren oft auf einem Ford Model T

Ein alter Ford ist wegen seines geringen Gewichts hervorragend für diesen Zweck geeignet, vor allem, wenn er zusätzlich tiefergelegt wird. Hotrodder montieren kleine Reifen vorne und große hinten. Zudem entfernen sie alle potenziellen Langsammacher, die nicht unbedingt notwendig sind – Windschutzscheibe eingeschlossen. Dann nehmen sie Korrekturen an Vergaser und Zündung vor und ergänzen den Wagen um sogenannte “speed parts”. In den 30er Jahren kommt es außerdem in Mode, den Originalmotor gegen einen der noch relativ neuen Ford V8-Motoren zu tauschen. So lassen sich 100 Meilen pro Stunde und mehr erreichen – und das bei einer Sicherheitsausstattung, die kaum über die eines heutigen Fahrrads hinausgeht.

Woher kommt eigentlich der Begriff Hot Rod?

So wirklich kann diese Frage niemand beantworten. Das erste Mal taucht der Begriff “Hot Rods” wohl in den 30er Jahren auf. Manche glauben, dass er auf “hot roadster” zurückgeht, also auf einen “aufgemotzten Roadster”. Eine andere häufige Erklärung bezieht sich darauf, dass Rod ein Slangwort für “Pistole” ist und Hot Rods nun mal verdammt gefährliche Fahrzeuge sind. Belege gibt es für beides nicht.

Racing in the Streets – die ersten Hot-Rod-Rennen

Zunächst waren Hot-Rod-Rennen in der Regel mehr oder weniger spontane Angelegenheiten nach dem Motto “Treffen sich zwei an einer Kreuzung…”. Doch schon am 25. März 1931 findet das erste organisierte Rennen statt – wie die meisten folgenden in einem der vielen ausgetrockneten Seebetten rund um LA. Ein paar Jahre später gründet sich der älteste Hot Rod Club der Automobilgeschichte, die legendären “Outsiders”.

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Alles, was Hot Rods langsamer macht, wird entfernt

Der Name passt wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge. Denn das Fahren von Hot Rods gilt früh als bevorzugte Tätigkeit junger und abenteuerlustiger Rebellen jenseits des Mainstreams. Manche verdächtigen die Fahrer sogar einer gewissen Todessehnsucht. Tatsächlich sind Rennen wie jene, die bis 1938 am Lake Muroc stattfinden (dann macht die Armee dem Spektakel ein Ende), eine hervorragende Gelegenheit, sich umzubringen – nicht nur wegen der für die damalige Zeit aberwitzigen Geschwindigkeiten, sondern auch, weil die Fahrer durch den von den Fahrzeugen aufgewirbelten Staub kaum noch etwas sehen. Dass Rennen regelmäßig nachts stattfinden, macht die Sache nicht ungefährlicher.

Die 40er- und 50er-Jahre – Hochzeit des Hotrodding

Unterbrochen durch den Zweiten Weltkrieg kommt Hotrodding in der zweiten Hälfte der 40er Jahre so richtig in Schwung. Eine wichtige Rolle dabei spielen die Soldaten, die jetzt von der Front zurückkehren. Sie sind oft mit neuen technischen Fähigkeiten ausgestattet und haben Geschichten ihrer Kameraden aus Kalifornien über abenteuerliche Autorennen mit selbst gebastelten Fahrzeugen im Kopf. Zusätzlich eröffnen die vielen nun verlassenen Flughäfen im Land neue Möglichkeiten, feste Bahnen für Rennen zu nutzen. Damit wird Hotrodding zu einem landesweiten Trend.

Mit der zunehmenden Begeisterung unter jungen Männern für Hotrods nehmen auch illegale Straßenrennen zu, die immer wieder Leben kosten. Das hat Folgen: Die eine davon ist, dass Hotrodding in der Öffentlichkeit noch stärker als früher mit Kriminalität gleichgesetzt wird. Auf der anderen Seite bemühen sich Mitglieder der “Szene”, ihrem Hobby einen respektablen Anstrich zu geben. 1948 findet die erste Hot Rod Exhibition statt, zur ungefähr gleichen Zeit wird das HOT ROD Magazine das erste Mal veröffentlicht. Drei Jahre später formiert sich die National Hot Rod Association. Rennen finden nun auch auf speziell angelegten Parcours statt, den sogenannten “Drag Strips”. Dass das nicht auf jeden rebellisch veranlagten Fahrer die gleiche Anziehungskraft hat wie ein spontaner illegaler Zweikampf bei Mondschein, ist klar.

Adrenalin und Sex-Appeal – das Geheimnis hinter der Hot-Rod- Begeisterung

Der Nervenkitzel, den man am Steuer eines Hot Rods bei illegalen Straßenrennen verspürt und die damit verbundene Geschwindigkeit sind wie eine Droge für viele Kriegsheimkehrer. Gleichzeitig besitzen angesichts einer boomenden Wirtschaft viele junge Menschen genug Kleingeld, um sich einen der immer billigeren automobilen Klassiker aus den 20er und 30er Jahren leisten zu können. Straßenrennen werden zu einem Massenphänomen, dem die Polizei in amerikanischen Städten nur schwer Herr wird – schon allein deshalb, weil sie in Verfolgungsjagden gegenüber den getunten Geräten der Übeltäter meist den Kürzeren zieht.

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Mit der Zeit wird die Optik immer wichtiger

Dabei geht es Hotroddern nicht nur um die Pferdestärken unter der Haube. Zunehmend wichtiger wird das individuelle Aussehen von Fahrzeugen. Neben “echten” Hot Rods gewinnen Custom Cars an Bedeutung. Drive-in-Hopping wird zu einer beliebten Freizeitbeschäftigung. Wer sich das Geld fürs Kino sparen will, fährt gemeinsam mit Freunden die Straßen entlang – auf Ausschau nach hübschen Mädels und ein bisschen Spaß, vielleicht auch nach einem spontanen Rennen von einer Ampel zur nächsten. Kalifornien ist immer noch Mittelpunkt der Szene, doch selbst weit weg von den ausgetrockneten Salzseen von Los Angeles verbringen junge Männer ihre freie Zeit beim Schrauben und Cruisen – und schon bald hören sie Rock’n’Roll dabei.

Mehr über Rock’n’Roll und Hot Rods, Muscle Cars und die Hot-Rod-Szene heute erfahrt ihr im zweiten Teil des Artikels.

 

 

Fotos:

Titelbild: “Model T Rad Rod” by Jonathan Leung / CC BY 2.0

Destitute man leaning against vacant store by Dorothea Lange 1935

Late Model Ford T by  Rmhermen /CC BY-SA 3.0

1928 Ford Roadster Hot Rod by Sicnag / CC BY 2.0

Hot Rod by allen watkin / CC BY-SA 2.0