Er war 60 Jahre mit der selben Frau verheiratet, kochte seine Lieblingsgerichte auf Tour selbst in seinem Hotelzimmer und übte sich – abgesehen von einer Vorliebe für schicke Schuhe, Autos und Schmuck – ein Leben lang in Bescheidenheit. Am 24. Oktober starb Fats Domino im Alter von 89 Jahren, ein Rock’n’Roll-Star, der immer ein bisschen anders war als die anderen in seinem Beruf.
Topstar der 50er-Jahre
Eigentlich hieß der in New Orleans geborene Schöpfer von “I’m Walking” Antoine Dominique Domino Jr. Den Namen “Fats” verpasste ihm Bassist Billy Diamond. Zum einen spielte dieser damit auf legendäre Pianisten wie Fats Waller an und zum anderen auf den fast genauso legendären Appetit seines schwergewichtigen Bandkollegen. Domino selbst war zunächst mäßig begeistert von seinem neuen Spitznamen, doch mit der Zeit erwies sich dieser als erfolgreich.
Dasselbe galt für die Musikerlaufbahn von Antoine “Fats” Domino. Nach einem vielversprechenden, aber noch etwas wackligem Start Anfang der 50er-Jahre nahm sie im Laufe des Jahrzehnts rasant an Fahrt auf. Glaubt man Chuck Berry, verdiente der Pianist und Sänger um das Jahr 1955 10.000 Dollar in einer Woche, wenn er auf Tour war. Unbestritten ist, dass er mit mehr als 65 Millionen Platten nicht nur äußerlich zu den Schwergewichten in seiner Branche gehörte.
Dabei hatte Fats Domino – anders als weiße Sänger, die seine Songs coverten – nie einen Nummer-Eins-Hit in den Pop-Charts und auch, was sein äußeres Erscheinungsbild betraf, konnte er allein aus Gewichtsgründen kaum mit Sexsymbolen wie Elvis Presley mithalten. Doch mit Stücken wie “Ain’t That A Shame”, “Blueberry Hill”, das einige Jahre zuvor unter anderem schon Louis Armstrong aufgenommen hatte, und “I’m Walking” schuf der scheinbar ewig gut gelaunte Star unwiderstehliche Ohrwürmer. Sein langjähriger Partner und Produzent Dave Bartholomew, mit dem zusammen er viele seiner Hits schrieb, hatte sicher einen gewissen Anteil daran. Hauptsächlich waren es aber wohl der gefühlvolle Gesang und das unnachahmlich, funkige Klavierspiel Dominos, das diesen zu einem Publikumsliebling und Vorbild vieler nachrückender Rockstars machte, die Beatles eingeschlossen.
Einfach und effektvoll – Fats Domino als stiller Wegbereiter
Selbst sagte Fats Domino einmal über seine Musik “Irgendwann begann jeder, meine Musik Rock’n’Roll zu nennen, dabei war es derselbe Rhythm’n Blues, den ich schon in New Orleans gespielt hatte”. Tatsächlich vereinten Stücke wie “I’m Walking” verschiedene Genres scheinbar mühelos zu einem eigenen, leichtfüßig groovigen Sound. Der blieb dem Blues verhaftet und hatte gleichzeitig eine poppige Seite, die dafür sorgte, dass Fats Domino als einer der ersten schwarzen Rhythm’n-Blues-Künstler Riesenerfolge bei einem weißen Publikum feierte.
Sein unwiderstehlicher Charme tat sein übriges. Dabei bewegte sich Domino im Gegensatz zu anderen Rock’n’Roll-Stars eher spärlich. Doch sein breites Grinsen genügte, um Konzertbesucher schon bald nach den ersten Tönen um den Finger zu wickeln. Und manchmal stand “Fats” zum Ende des Konzerts von seinem Hocker auf und schob das Klavier mit seinem stattlichen Bauch im Takt der Musik über die Bühne.
Davon abgesehen blieb Domino Zeit seines Lebens jemand, der kein großes Aufheben um sich, seine Musik oder andere Dinge machte und Skandalen wie selbstverständlich aus dem Weg ging. Manche sehen das als einen zentralen Grund dafür an, dass er sich weniger als Elvis Presley, Jerry Lee Lewis oder Johnny Cash als “Rock’n’Roll-Star” im allgemeinen Gedächtnis festsetzte. Seine Musik und seine Songs erwiesen sich als Dauerbrenner. So ließ sich beispielsweise Paul McCartney von Dominos unverwechselbarem Stil zu “Lady Madonna” inspirieren.
Alterszeit mit New Orleans und Katrina
Wie viele seiner Zeitgenossen erlebte auch Fats Domino nach dem Ausklingen der 60er-Jahre eine lange musikalische Durststrecke, zumindest, was Charterfolge betraf. Als Entertainer und Live-Musiker blieb der schwergewichtige Sänger und Pianist populär und auch das Aufnehmen neuer Platten stellte er nicht ein. Dem jungen Publikum wurde sein Name allerdings erst durch den Gebrauch von “I’m Walking” in einer Aral-Werbung 1991 gebräuchlich. Zu diesem Zeitpunkt war der einstige Rock’n’Roll-Star bereits in die Rock and Roll Hall of Fame aufgenommen worden – als einer der ersten seiner Zunft.
Das Touren stellte Domino 1995 ein, unter anderem mit der Begründung, dass er nur in New Orleans Essen finde, das ihm schmecke. 10 Jahre später, als Hurrican Katrina Lousiana verwüstete, versank sein Haus in den Fluten. Domino und der Rest seiner Familie, überlebte. Kurze Zeit später gab der Pianist und Sänger sein letztes Konzert, knapp zehn Jahre vor seinem Tod.
Titelbild: Le chanteur pianiste américain Fats Domino en concert à Deauville (Normandie, France) en 1992 von Roland Godefroy/CC BY-SA 3.0