Außerirdische, furchteinflößende Monster, spektakuläre Spezialeffekte und 3D
– all das, was heute noch Menschen in großer Zahl ins Kino lockt, hat Jack Arnold in den Fünfzigern schon auf die Leinwand gebracht. „It Came From Outer Space“, „Creature From The Black Lagoon“ oder „Tarantula“, sie alle gelten heute zurecht als Hollywoodklassiker, deren Spezialeffekte zu ihrer Zeit als einfach bahnbrechend galten und stets für volle Autokinos sorgten.
Obwohl Arnolds Karriere in Hollywood sich bis Mitte der achtziger Jahre fortsetzt, baut sein legendärer Ruf auf einer Handvoll Filme auf, die er zwischen 1950 und 1960 als Vertragsregisseur für B-Pictures in den Universal Studios drehte.
Text: Peter Vignold
Nun war Hollywood schon immer gut darin, wieder und wieder neue Wege zu finden, um an den Dollar seines Publikums zu kommen. Immerhin beschäftigten die Studios zu der Zeit zahlreiche festangestellte Schauspieler, Kameramänner und Autoren, die wie am Fließband neue Filme herunterkurbelten und demzufolge auch bezahlt werden mussten. Eine lange schon erfolgreich praktizierte Methode, um all die Filme in die Kinos zu kriegen, war der Blockverleih von hochkarätigen Filmen mit Starbesetzung gemeinsam mit sogenannten B-Movies, größtenteils Western, die mit deutlich geringeren Budgets und oft auch ohne bekannte Gesichter gedreht wurden. A- und B-Picture liefen dann in Doppelvorstellungen, und so zog auch der Billigfilm sein Publikum. Die Studios erkannten, dass sie neue Filme brauchten, mit denen sie ein jüngeres Publikum erreichen, das nicht wie seine Eltern im Wohn-zimmer vor dem Fernseher sitzen wollte.
1953 gab Universal Pictures schließlich grünes Licht für ein aus damaliger Sicht gewagtes Projekt. Für ein geschätztes Budget von 800.000 Dollar, einer für ein B-Picture gewaltigen Summe, sollte der im Regiefach noch recht unerfahrene Jack Arnold eine Geschichte des im selben Jahr mit seiner düsteren Zukunftsvision „Fahrenheit 451“ zu Weltruhm gelangten Science Fiction Autors Ray Bradbury mit dem Titel „It Came From Outer Space“ verfilmen. Geboren im Jahre 1916 in New Haven, Connecticut, war Jack Arnold Waks, so sein voller Name, als Kind bereits ein großer Fan von Science Fiction Pulp Novels und liebte die Geschichten über Monster und UFOs. Als jungen Erwachsenen zog es ihn dann an die Schauspielschule und später nach New York City an den Broadway, wo er bis zum Ende der dreißiger Jahre in mehreren Produktionen zu sehen war. Doch mit Beginn der Vierziger rief auch für Arnold die Pflicht in Form des Frontdienstes für Uncle Sam. Wir können alle von Glück sprechen, dass er dort nicht, wie er es eigentlich vor hatte, Pilot werden durfte und stattdessen zu einer Funkereinheit auf dem Boden versetzt wurde, denn dort traf er auf Robert Flaherty.
Flaherty war selbst eine Art Hollywood-Legende, seitdem er 1922 als erster einen kommerziell erfolgreichen Dokumentarfilm – damals noch ohne Ton – über eine Eskimofamilie in der Kanadischen Arktis produziert und gedreht hatte. Nachdem „Nanook Of The North“ die Kassen gefüllt hatte, war Flaherty ein gefragter Mann in der Filmindustrie und drehte in den folgenden Jahren weitere Stummfilmdokumentationen, aber auch Spielfilme.
Während des gemeinsamen Kriegsdienstes wurden Flaherty und Arnold Freunde, und im Laufe der langen Zeit, welche die beiden in Uniform verbrachten, brachte der alte Hollywood-Hase dem Schauspieler schließlich so ziemlich alles bei, was er über das Filmemachen wusste.
Dass Arnold ein guter Schüler war, konnte er ein paar Jahre nach Kriegsende unter Beweis stellen. 1951 drehte er selbst seinen ersten, kurzen Dokumentarfilm mit dem Titel „With These Hands“ und wurde dafür prompt mit einer Oscar-Nominierung geehrt. Kurz darauf unterschrieb er einen Vertrag bei Universal und begann mit der Arbeit zu seinem ersten Film, einem Drama über jugendliche Straftäter – Anfang der 50er Jahre ein sehr beliebtes Kinothema. Noch im selben Jahr beauftragte ihn der Produzent William Alland schließlich mit der Regie von „It Came From Outer Space“, was der Science Fiction Fan durchaus begrüßte. Der in einen verhältnismäßig aufwändigen 3D-Verfahren gedrehte Schwarz-Weiß-Film über Außerirdische, die mit ihrem UFO in der Nähe einer Kleinstadt in Arizona notlanden müssen, ließ die Kinokassen klingeln und setzte damit in der Führungsetage der Universal Studios ein wichtiges Zeichen: Pulp Science Fiction Stories waren das neue Ding und Jack Arnold der Mann mit dem Finger am Puls der Zeit.
Auch Arnolds nächstes Projekt, „Creature From The Black Lagoon“, war wieder ein 3D-Film, jedoch deutlich mehr Horror als Science Fiction. Hier trifft bei einer Amazonas-Expedition eine kleine Gruppe von Forschern im tiefsten Urwald auf Arnolds wohl bekannteste Kreatur, den Kiemenmann, der heute noch einen Ehrenplatz in der Galerie der Universal Monsters innehat. „Der Schrecken vom Amazonas“, wie der Film hierzulande hieß, zog noch mehr Menschen in die Kinos, so dass Universal noch im selben Jahr eine Fortsetzung in Auftrag gab. In „Revenge Of The Creature“ aus dem Jahre 1955 gelingt es Forschern schließlich, den Kiemenmann zu fangen und in ein Aquarium in Florida einzuquartieren. Dort beginnt sich eine Wissenschaftlerin für die Kreatur zu interessieren und es kommt, wie es kommen muss: der Kiemenmann bricht aus und entführt die gutaussehende Forscherin.
Obwohl Universal den Kiemenmann danach noch ein weiteres Mal auf die Leinwand zurückholte, hatte Arnold selbst kein Interesse mehr an einem dritten Teil. Er dreht noch einen Western mit Lex Barker, dann zog es auch ihn zum Fernsehen, wo er einige Folgen für die Serie „Science Fiction Theatre“ inszenierte. Völlig in seinem Element, entwickelte er dort die Story für das, was sein nächster Kinohit werden sollte: ein Wissenschaftler entwickelt im Kampf gegen die drohende Nahrungsmittelknappheit ein Vitamin, das Tiere überproportional wachsen lässt. Doch es kommt zu einem Zwischenfall, bei dem eine mit dem Serum behandelte Tarantel entweicht. Diese wächst unaufhörlich, verwüstet alles was ihr in die Quere kommt und wird schließlich mit einem Napalmangriff der Armee niedergestreckt. Das Publikum überschlug sich vor Freude und so auch Universal Pictures: „Tarantula“ war im wahrsten Sinne des Wortes ein Monsterhit, der sich auch heute noch alleine deshalb lohnt, weil hier ein noch sehr junger Clint Eastwood den Anführer der Jet Piloten spielt, welche die – in aufwändigen Trickverfahren zum Leben erweckte – Riesenspinne zur Strecke bringen.
Während heutzutage jeder denkbare Spezialeffekt mit Hilfe entsprechend leistungsstarker Computer auf die Leinwand gezaubert werden kann, mussten Arnold und sein Kameramann George Robinson Anno ’55 noch tief in die Trickkiste greifen, um aus einer gewöhnlichen Tarantel eine haushohe Bedrohung zu machen, die riesige Giftpfützen hinterlässt. Doch dank seiner vorherigen Erfolge und der Tatsache, dass niemand anders seinen Job machen wollte, genoss Arnold innerhalb des streng reglementierten und auf Profitmaximierung ausgerichteten Studiosystems Hollywoods nahezu grenzenlose Freiheit und das Vertrauen seitens Produzenten und der Studiobosse. „Niemand von den Vertragsregisseuren bei Universal Pictures hatte auch nur die geringste Ahnung von Science Fiction Filmen, also behauptete ich einfach, der Experte zu sein. Je mehr von diesen Filmen ich drehte desto mehr gefiel es mir, hauptsächlich deshalb, weil ich bei der Arbeit vom Studio völlig in Ruhe gelassen wurde“, bekannte Arnold in einem seiner letzten Interviews, in dem er auch keinen Hehl daraus machte, dass er von der Studioleitung nie eine gute Meinung hatte.
Trotz des jüngsten Erfolges seines Tierhorrorstreifens verbrachte Arnold das darauffolgende Jahr zunächst damit, einen Western und ein Crime/Noir Drama, beide mäßig erfolgreich, zu drehen, bevor er 1957 schließlich mit seinem Meisterwerk in sein vertrautes Genre zurückkehren sollte. Auch in „The Incredible Shrinking Man“ geht es wieder um ein fehlgeschlagenes Experiment, doch diesmal ist es kein Tier, das wächst, sondern ein Mensch, der immer kleiner wird. Von der Idee her – Mensch und Tier im wechselnden Größenverhältnis – sind der schrumpfende Mann und „Tarantula“ sich nicht unähnlich, dennoch steckt der Teufel im Detail. Denn während in „Tarantula“ die Schauspieler noch in gewohnter Umgebung drehen konnten, mussten für den Mini-Mann eigene Kulissen in Riesengröße gebaut werden, in die dann die Rückprojektionen von den zuvor gefilmten Ratten und Spinnen eingefügt werden mussten, um die Illusion entstehen zu lassen.
Obwohl Arnold bis in die späten Siebziger immer wieder Kinofilme produzierte und bei ihnen Regie führte, arbeitete er bis 1984 fast nur noch fürs Fernsehen und inszenierte zahlreiche Folgen von Erfolgsserien wie „Peter Gunn“, „Ihr Auftritt, Al Mundy“, „Buck Rogers“, „Wonder Woman“, „Ein Colt Für Alle Fälle“ oder „Love Boat“. Insgesamt saß er weit über hundert Mal auf dem Regiestuhl und wurde 1985 noch für sein Lebenswerk ausgezeichnet, doch seine großen Errungenschaften hatte er zu diesem Zeitpunkt längst ge-leistet. Wenn Roger Corman in den Sechzigern zum „King of B“ ernannt wurde, dann ist Arnold mit Sicherheit der Vater des B-Films, wie wir ihn heute begreifen.
Im März 1992 verstarb Jack Arnold im Alter von 75 Jahren in Woodland Hills in der Nähe von Los Angeles. Im Kiemenmann wird er ewig weiterleben.
Die wichtigsten Filme von Jack Arnold
It Came From Outer Space, 1953
(Gefahr aus dem Weltall)
Creature From The Black Lagoon, 1954
(Der Schrecken vom Amazonas)
Revenge Of The Creature, 1955
(Die Rache des Ungeheuers)
Tarantula, 1955
The Incredible Shrinking Man, 1957
(Die unglaubliche Geschichte des Mr. C)
The Space Children, 1958
(Kinder des Weltraums)
Und passend zu dem Bericht habe ich noch diesen Blog für Euch parat. Wer sich also für Jack Arnold, B-Movies, Grusel/SciFi/Trash/Horror/Kult/Exploitation-Streifen interessiert, sollte diesen Link besuchen:
ZombieBunker