Mit “Signs & Signifiers” wurde JD McPherson praktisch über Nacht zum Rock’n’Roll-Star und der Nachfolger “Let The Good Times Roll” bestätigte die Ausnahmestellung des ehemaligen Lehrers und seiner musikalischen Mitstreiter. Anlässlich des Erscheinens von “Undivided Heart & Soul” am 6. Oktober sprach der Sänger und Gitarrist mit uns darüber, warum seine neue Scheibe anders klingt als ihre Vorgänger und trotzdem ein lupenreines Rock’n’Roll-Album geworden ist.
RR: Du hast es wahrscheinlich schon öfter gehört: Deine neue Platte klingt sehr anders als die anderen beiden. Was ist da passiert?
JD: Es sind einige Dinge passiert. Zum einen war ich mit der Band in Austin, Texas, auf Tour, und ging dort in einen Gitarrenladen. Da gab es eine 1961 Supro Dual Tone, die so aussah, als sei sie nie gespielt worden, noch im Originalkoffer und mit Gitarrengurt – ein Instrument, mit dem man Link Wray auf vielen Fotos sieht. Also hab ich mir die Gitarre geschnappt und ein paar Link Wray Songs gespielt und dann musste ich sie einfach haben. Damit begann ein Jahr, in dem ich beinahe ausschließlich Garage Rock gehört habe und das war auch ein starker Einfluss auf das neue Album – Link Wray, The Sonics und viele Heavy Garage Platten aus den frühen 60ern.
Das zweite, was passiert ist, war, dass mir die Songs, die ich geschrieben habe, Angst machten. Ich mochte sie, aber ich dachte lange nicht daran, sie selbst zu singen. Es fühlte sich zuerst so an, als seien sie für jemand anderen geschrieben, bis ich schließlich realisierte, dass sie für mich bestimmt waren. Insgesamt glaube ich, wenn Du alte Platten magst, wirst Du auf meinem neuen Album viel entdecken, dass Du wiedererkennst, aber es ist definitiv eine lautere und krachigere Scheibe als die anderen beiden.
RR: Wie gehst Du mit den Erwartungen an ein JD-McPherson-Album um? Machst Du Dir manchmal Sorgen, wie Leute reagieren, die Dich bisher nur in die Rockabilly-Schublade gesteckt haben?
JD: Natürlich will ich, dass mein Album den Leuten Spaß macht, aber ich muss die Songs machen, die “kommen”, wenn Du weißt, was ich meine. Ich muss darauf achten, was die Songs “wollen”, denn wenn ich etwas mache, das unecht wirkt, werden es die Hörer merken.
Genau genommen war unsere Band sowieso nie eine richtige Rockabilly-Band. Wir haben uns mehr an Rhythm’n Blues und frühem Rock’n’Roll orientiert. Ich habe früher in Rockabilly-Bands gespielt. Aber die Grenzen verschwimmen ohnehin immer. Es gibt immer Leute, die sagen, dass sie Rockabilly hören, und wenn Du mit ihnen darüber sprichst, merkst du, dass sie sich gar nicht sicher sind, was das überhaupt ist.
Lustigerweise habe ich gerade eine Rockabillyband als Side-Projekt gegründet, mit Jimmy Sutton und Jason Smay, meinem Bassisten und Schlagzeuger. Wir haben noch keinen Gig gespielt, aber ich bin jetzt schon begeistert von der Idee. Wir werden ausschließlich in der American Legion Hall Post 82 in Nashville auftreten, einmal im Monat, zusammen mit einem DJ, der Hillbilly und Western Swing auflegt. Vielleicht werden wir auch unsere eigenen Songs schreiben und aufnehmen. Aber die Musik wird sich so nahe wie möglich an altem Sun- und Starday-Rockabilly bewegen.
RR: Hat das etwas damit zu tun, dass Du mit Deinem Hauptprojekt in neue Bereiche vorstößt? Ist das der perfekte Zeitpunkt, um eine Rockabillyband zu starten?
JD: Wir sind einfach alle große Rockabillyfans und haben schon lange kein richtiges Rockabillyprojekt gehabt. Die Entscheidung fiel auf Tour, als wir uns im Van “Rock’n’Roll Ruby” von Warren Smith angehört und darüber gesprochen haben, wie toll dieses Album ist. Ich glaube, Jason hat dann gesagt: “Lass uns ein Rockabillytrio gründen.”
Die JD McPherson Band war immer ein bisschen anders, sogar auf der ersten Scheibe. Der Sound ist korrekt, aber das Songwriting hat teilweise wenig zu tun mit dem, was Du zum Beispiel auf einem alten Larry-Williams-Album hören würdest. Es wird bei uns immer Elemente von frühem Rock’n’Roll geben, aber wenn etwas aufregend ist, werden wir es verfolgen.
RR: Von dem was ich bisher gehört habe, scheint sich aber auch während der Aufnahme einiges geändert zu haben. Zum Beispiel hat der erste Versuch nicht ganz geklappt. Was ist da geschehen und was war beim zweiten Mal anders?
JD: Zuerst sollten wir mit einem ziemlich bekannten Produzenten in Nashville aufnehmen – seinen Namen werde ich jetzt nicht verraten. Es schien, als würde alles prima laufen, aber nach dem ersten Aufnahmetag rief mich der Produzent an und sagte die ganze Aufnahme ab. Das war natürlich ein großer Schock, denn wir hatten bereits Hotels für mehrere Wochen gebucht und unser Budget war knapp.
Dann erfuhren wir, dass wir im RCA Studio B aufnehmen konnten. Das wird mittlerweile von der Country Music Hall of Fame betrieben. und ist untertags ein Museum. Darum mussten wir nachmittags unser Equipment aufbauen, bis drei oder vier morgens aufnehmen und dann alles wieder in den ursprünglichen Zustand bringen, damit die Touristen am selben Tag etwas über Elvis erfahren konnten. Diese Umstände haben wahrscheinlich dazu geführt, dass wir schneller vorgegangen sind und direkt weiter verfolgt haben, was sich gut angehört hat.
Interessant ist auch, dass wir am ersten Tag der Aufnahme versucht haben, den Titelsong “Undivided Heart and Soul” so aufzunehmen, dass er wie ein Roy-Orbison-Song klingt. Das Ergebnis hat sich irgendwie nicht richtig angehört, eher so, als ob wir tun würden, was man von uns in diesem Studio erwartet. Dagegen hat sich alles besser angefühlt, je lauter und krachiger es wurde.
RR: An diesem Album haben mehrere Leute mitgewirkt. Du hast auch zum ersten Mal Songs mit anderen geschrieben. Kannst Du ein bisschen darüber erzählen, auch über den Einfluss von Josh Homme?
JD: Mit Josh Homme hab ich keine Songs geschrieben. Da war ich mental in einem schlechten Zustand und habe mir zu viele Sorgen gemacht, vor allem, nachdem die erste Session schiefging. Und Josh Homme ist einfach ein netter Kerl. Er lud mich in sein Studio in Burbank ein, um Gitarre zu spielen, Krach zu machen, schnelle Autos zu fahren und eine gute Zeit zu haben. Genau das habe ich gemacht und mich dabei fast wieder wie 15 gefühlt. Das war wie eine Therapie. Weißt Du, Du vergisst schnell, warum du eigentlich Musik machst, vor allem, wenn du eine Familie damit ernährst. Dann vergisst Du manchmal einfach, Spaß zu haben.
Dass ich Songs mit anderen geschrieben habe, kam zum Teil einfach daher, weil wir unter Zeitdruck waren und Material brauchten. Auch meine Frau half mir ein wenig. Sie ist wirklich gut im Texteschreiben, was ich bisher nicht einmal wusste. Insgesamt war es ein für mich ein großer Lernprozess, Songs mit anderen zu schreiben, die ich selber singen will.
RR: Auf der anderen Seite scheint diese Platte eine sehr persönliche zu sein, oder?
JD: Ja, da ist viel Persönliches auf diesem Album. Ich glaube, nachdem ich in der jüngsten Vergangenheit eine Reihe schlechter Erfahrungen gemacht habe, habe ich mich diesmal entschieden, einfach alles rauszulassen. Dadurch habe ich viel gelernt.
RR: Aber warum so ein persönliches Album gerade jetzt?
JD: Auf meinem letzten war mit “Precious” auch ein sehr persönlicher Song, den ich geschrieben habe, als mein Bruder gestorben ist. Aber mit diesem neuen Album…vielleicht kommt es daher, weil man mit dem Alter den Panzer ein wenig ablegt.
RR: Würdest Du es ein Rock’n’Roll-Album nennen?
JD: Ja, definitiv.
RR: Was macht es dazu, was macht irgendein Album zu einem Rock’n’Roll-Album?
JD: Zuerst ist die Attitüde ausschlaggebend, egal ob Eddie Cochrane einen Eddie Cochran Song spielt oder Sid Vicious. Außerdem ist Rock’n’Roll Teenager-Musik. Du solltest die Musik nie zu ernst nehmen, aber immer ernsthaft machen. Und Rock’n’Roll sollte Swing haben. Das ist meine persönliche Meinung, aber ich glaube die meisten können sich auf diese drei Dinge einigen: Rock’n’Roll sollte Spaß machen, Attitüde haben und swingen.