Meteor Records – nie gehört? Das ist kein Wunder. Wenn von berühmten Rockabilly und Rock’n’Roll-Labels der 50er Jahre die Rede ist, fällt vor allem der Name Sun Records. Doch neben dem legendären Sun Studio, in dem sich Elvis Presley, Jerry Lee Lewis, Johnny Cash und Carl Perkins die Klinke in die Hand gaben, existierten in Memphis und Umgebung noch andere Anlaufstellen für Blues-, Hillbilly- und Rockabillykünstler auf der Suche nach Anerkennung und ein bisschen Bargeld. Dazu gehörte Meteor Records. Finanziell ein Misserfolg bescherte das Label Rock’n’Roll-Liebhabern einige echte Perlen für die private Plattensammlung. Allein deshalb ist es wert, nicht vergessen zu werden.
Die Gründung von Meteor Records
Das Gebäude von Meteor Records steht heute noch und wie bei seinem berühmten Verwandten, dem Sun Studio, ist es schwer vorstellbar, dass in der baufälligen Hütte Mitte der 50er Platten aufgenommen, Plattenverträge unterschrieben und After-Hour-Jam Sessions abgehalten wurden. Im Gegensatz zum musikalischen Geburtsort des King of Rock´n´Roll interessieren sich allerdings weder Touristen noch Musiker für das unansehnliche Bauwerk an der Chelsea Avenue in Memphis, dem frühen Zentrum des Rockabilly.
Dabei sah die Zukunft rosig aus, als Meteor Records 1952 seine Pforten öffnete. Gründer waren die beiden Brüder Jules und Lester Bihari, die eine ganze Reihe von Aufnahmestudios und Labels als Tochterunternehmen des bereits 1945 gegründeten Familienunternehmens Modern Records betrieben. Der Focus von Meteor Records lag von Beginn an auf dem Ausfindigmachen und Produzieren von einheimischen Talenten – die Sorte von Lokalarbeit also, auf die Labels heute gerne verzichten.
Nachwuchs stand genug zur Verfügung. Schließlich tummelten sich in der Gegend rund um Memphis mittellose Blues- und Countrymusiker sowie solche, die beides schon zu einem neuen aufregenden Sound verbanden. Spätestens mit den ersten Erfolgen des King of Rock’n’Roll schien es außerdem, als sei mit Rockabilly auch noch Geld zu machen.
Gepresst wurden die Aufnahmen aus dem Meteor Studio praktischerweise bei Buster Williams’ Plastic Products, das sich in derselben Straße befand. Schließlich waren Geld und Zeit knappes Gut. Entsprechend wurde auch die erste Single von Blueslegende Elmore James und seiner Band, den Broomdusters, im Schnelldurchlauf produziert. Heute wäre in der Zeit gerade einmal der Schlagzeug-Soundcheck beendet.
Rockabilly und Hillbilly in der Chelsea Avenue
Ein musikalischer Schwerpunkt von Meteor Records blieb auch in den folgen Jahren der Blues. Neben Elmore James nahmen Discjockey, Entertainer und Sänger Rufus Thomas sowie Little Milton bei den Bihari Brüdern auf. Auf der anderen Seite fanden aber auch eine ganze Reihe von Rockabilly- und Hillbilly-Künstlern ihren Weg in die Chelsea Avenue, vor allem dann, wenn Sun Studio sie nicht oder nicht mehr wollte. Davon waren auch vielversprechende Talente betroffen. Schließlich hatten Sam Philips und Co. mit ihren Stars genug zu tun.
Einer derjenigen, dessen Vertrag bei Sun Records nicht verlängerte wurde, war Rockabilly-Legende Charlie Feathers. Mit “Tongue-Tied Jill” produzierte der Musiker einen seiner heute bekanntesten Nummern bei Meteor. Wie es der Teufel so will, war ihr damals nur wenig Erfolg beschieden und auch Charlie Feathers schon bald zu dem deutlich größeren Label King Records abgewandert – bis er erkennen musste, dass er dort zwar erfolgreich war, aber kein Geld bekam.
Daneben nahm Elvis Presleys talentierter Nachbar, Wayne McGinnis “Rock, Roll and Rhyhm” und “Lonesome Rhythm Blues” bei Meteor Records auf, Paradebeispiele für frühen Rockabilly in Reinkultur. Dazu kamen “Raw Deal / Mama’s Little Baby” von Junior Thompson, der ebenfalls von Sun Records an die Biharis weiterempfohlen worden war, und eine ganze Reihe weiterer Aufnahmen von Rockabilly und Hillbilly-Combos, die oft kaum länger als für die eine Aufnahme in den engen Räumen des Meteor Studio existierten.
Das Ende von Meteor Records
Platten von Meteor Records sind heute begehrt bei Sammlern. Das liegt nicht nur am Seltenheitswert, sondern vor allem an dem rohen authentischen Charme, den die Musik, die in der Chelsea Music aufgenommen wurde, ausstrahlt. Wer unverfälschten Rockabilly der frühen 50er sucht, stolpert hier schnell über das eine oder andere Highlight – musikalisch zumindest. Wirklich kommerziell erfolgreich waren auch die Singles von Junior Thompson und Charlie Feathers nicht. Abgesehen von einem Instrumentalhit mit “Saxony Boogie” war der Musik von Meteor Records über die Region rund um Memphis hinaus kein Erfolg beschieden.
Das mag daran gelegen haben, dass Firmenbetreiber Lester Bihari nicht die notwendigen Vertriebswege besaß. Außerdem liebte er den Alkohol mehr, als es den meisten Menschen gut tut und der Umgang mit Geld lag ihm auch nicht – alles typische Eigenschaften eines Musikers, die bei einem Labelchef schnell zum Ruin führen. 1957 war denn auch endgültig Schluss mit Meteor Records. Die letzte Single, die das Label veröffentlichte, stammte von Rock’n’Roller Steve Carl und trug bezeichnenderweise den Titel “Curfew”.