Quadrophenia setzte ihnen ein filmisches Denkmal und englische Zeitungen erinnern in regelmäßigen Abständen mit alten Archivfotos an sie. Die Auseinandersetzungen zwischen Mods und Rockern in den 60er Jahren sind ein schillernder Bestandteil der Geschichte über Popkultur.
Doch was passierte damals eigentlich wirklich?
Brighton 1964 – Invasion im Ferienparadies
Auf dieses Spektakel waren die Feriengäste in Brighton oder Margate nicht vorbereitet. Eigentlich galten die britischen Küstenorte Anfang der 60er-Jahre als beschauliche Ziele für Urlauber und Sommerfrischler – friedliche und ein bisschen spießige Erholungszentren, die braven Bürgern eine Auszeit vom Arbeitsalltag anboten.
Doch mit der Ruhe war es vorbei, als am Osterwochenende 1964 große Gruppen von Mods auf Scootern in die Feriendomizile einfielen und sich in den Straßen und auf Strandpromenaden heftige Auseinandersetzungen mit Rockern lieferten. Das ganze Osterwochenende sollten sich die Scharmützel hinziehen, bei denen die Angehörigen beider Jugendgruppen hauptsächlich mit Fäusten und Stiefeln, bisweilen aber auch mit Liegestühlen, Messern und Fahrradketten aufeinander losgingen.
Die Presse gab sich entsetzt und sprach in Anlehnung an die historische Schlacht zwischen französischen Normannen und Angelsachen von der “Second Battle of Hastings”. Heute sind sich Experten einige, dass die Medien die Auseinandersetzungen gewaltig aufbauschten. Allerdings belegen Fotos und Filmausschnitte von den Scharmützeln in den Küstenorten, dass Mods und Rocker wirklich nicht viel Sympathie für einander aufbrachten.
Mods und Rocker – zwei gegensätzliche Subkulturen
Der Gegensatz zwischen Mods und Rockern zeigte sich auf mehreren Ebenen. Die Rocker galten mehr oder weniger als Nachfahren der Teddy Boys. Zumindest in den musikalischen Vorlieben war dies offensichtlich. Rocker bevorzugten Rock´n´Roll und Rockabilly. Ihre Helden hießen Gene Vincent, Chuck Berry und Marlon Brando und sie stylten sich Entenschwanzfrisuren und Elvistollen.
Allerdings ersetzten sie den aristokratisch angehauchten Edwardian Style der Teddy Boys durch ein deutlich proletarischeres Aussehen. Fester Bestandteil davon war die Lederjacke. Außerdem tauschten die Rocker das Leben eines Fußgängers gegen Motorräder ein. Das verstärkte noch das Image des modernen Cowboys, das den ledergewandeten Rockern anhaftete und das diese selbst gerne kultivierten.
Auch die Mods bewegten sich auf zwei Rädern fort. In ihrem Fall handelte es sich allerdings um schnittige italienische Motorroller, vor allem Lambrettas und Vespas. Außerdem waren Mods, die meist der unteren Mittelschicht entstammten, fanatische Modeanhänger. Maßgeschneiderte Anzüge und teure Schuhe waren Ihnen ebenso wichtig wie akkurate (kurze) Haarschnitte. Statt Lederjacken trugen Mods Parkas.
Auffällig an ihnen war im zeitgenössischen Kontext der verhältnismäßig moderne Umgang mit Geschlechterrollen. Das spiegelte sich nicht nur im androgynen Look weiblicher Szeneangehöriger wider. Der ein oder andere männliche Mod griff sogar zur Schminke, bevor er ins Nachtleben ausrückte.
Entsprechend der Herleitung ihres Namens von Modernists waren die Mods in den Anfängen der Subkultur besonders an modernem Jazz interessiert, später an R&B, Soul, Beatmusik und Ska. Sie bevölkerten vor allem die Coffee Bars und Clubs in London, meist aufgeputscht mit Amphetaminen und selten lange an einem Ort. In ihrer Angewohnheit Wochenenden mithilfe von Pillen durchzufeiern und dabei schon mal eine Nacht komplett auf Schlaf zu verzichten, lassen sich die Mods durchaus als Vorläufer der modernen Rave-Kultur betrachten.
Gründe für die Antipathie zwischen den Subkulturen
Beide Subkulturen brachten einander von Anfang an wenig Sympathie entgegen. Während die Mods ihre Kontrahenten als schmutzig, chauvinistisch und ungebildet betrachteten, galt in den Augen der oft älteren Rocker die Modefixiertheit der Mods als Ausdruck eines weibischen Verhaltens.
Wie oft sich die beiden Subkulturen im wahren Leben begegneten, darüber gehen die Meinungen auseinander. Eigentlich stammten beide hauptsächlich aus unterschiedlichen Gegenden. Die Mods waren vor allem in London präsent, der Stadt die schon Anfang der 60er Jahre auf dem Weg dazu war, eine internationale Popkulturmetropole zu werden. Dagegen stammten die Rocker in erster Linie aus eher ländlichen Gegenden.
Tatsächlich waren es wohl vor allem die Ferienorte an der Küste, an denen die beiden Gruppen aufeinandertrafen – meist eher zufällig. Ob diese Treffen abgesehen vom Osterwochenende 1964 öfter in gewalttätigen Auseinandersetzungen endeten als die Pubbesuche “normaler” englischer Männer, ist auch in der historischen Forschung umstritten. Ohne Zweifel waren beide Subkulturen “anständigen” britischen Familienvätern gleichermaßen ein Dorn im Auge. So hatte kaum einer der üblichen Feriengäste in Brighton etwas dagegen, wenn die Angehörigen beider Gruppen von der Presse ausnahmslos als gesetzlose Vandalen bezeichnet wurden, denen die Polizei möglichst Ordnung beibringen musste.
Die Enkel von Mods und Rockers
Heute ist das Kriegsbeil zwischen den Nachfahren der Mods und Rocker längst begraben, auch in Großbritannien. In Brighton finden sogar regelmäßig große Mod-Revival-Veranstaltungen statt – unterstützt von öffentlichen Stellen. Der Brighton Mod Weekender wirbt mit einer Scooter Competition und einem Abendprogramm im renommierten Komedia. Von Aufruhr und Rebellion ist hier nicht mehr viel zu spüren.