Zombies und Psychobilly – der Rock’n’Roll der Untoten

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Ein schlauer Wissenschaftler kam einmal auf die Idee, bei seinen Studenten eine Umfrage über Untote durchzuführen. Das Ergebnis: Es gab immerhin den einen oder anderen Befragten, der es sich vorstellen konnte, ein langes Leben als Vampir zu führen. Zombies dagegen landeten weit abgeschlagen auf dem letzten Platz.

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Zombies müssen keine traurigen Gestalten sein

Hätte der gute Mann seine Umfrage bei einem Demented Are Go-Konzert gemacht, sähe die Sache sicher anders aus. Denn für Psychobillies sind Zombies Maskottchen und Rollenvorbilder in einem. Sie prangen auf T-Shirts, Patches und Albumcovers und vor allem geistern sie durch Songs. Dabei handelt es sich allerdings selten um die trübseligen Gestalten, die in The Walking Dead auf der Suche nach einem Kopfschuss durch die Gegend schlurfen. Für den typischen Psychobilly-Zombie ist das Leben, wenn man es so nennen mag, die Party zu einem Rock’n’Roll-Soundtrack – trashig, laut und verdammt lustig, vor allem als Untoter.

 

Horrorfilme und die Geburt des Psychobilly

Psychobillies waren nicht die ersten, die die fröhliche Seite des Untotendaseins entdeckten. Schon Calypso-König Harry Belafonte sang in Zombie Jamboree:

“It was a Zombie Jamboree / Took place in a New York cemetery / Zombies from all parts of the Island / Some of them was a great Calypsonians”

Plattencover Harry Belafonte

Schon Harry Belafone ließ die Zombies tanzen

So richtig in Schwung kam die Zombie-Party aber erst Anfang der 80er Jahre. Eröffnet wurde sie von jungen Musikern in London, die mitten in der grauen Zeit des Thatcherismus und des Kalten Krieges ihre eigene Welt erschaffen wollten – eine bunte, unpolitische und verrückte Welt. Dazu mischten sie den swingenden Neo-Rockabilly von Stray Cats und Co. mit einer rotzigen Punk-Attitüde und einer Extraportion Krach.

Wie die Musik unterschieden sich auch die Texte dieser Psychobilly-Bands vom dem, was Songschreiber in den popverliebten 80ern gemeinhin zu Papier brachten. Statt gutaussehender Damen und Herren mit einem Überfluss an romantischen Gefühlen tummelten sich darin blutrünstige Vampire, Monster und Zombies, die sich lieber in Friedhöfen herumtreiben, als in einer Cocktailbar.

Filmausschnitt "Nosferatu"

Horrorfilme sind eine wichtige Inspiration für Psychbobilly-Bands

Auch wenn der Sex, anders als viele meinen, im Psychobilly nie zu kurz kam, war er hier von Anfang an gerne mit Blutvergießen, Kannibalismus und ähnlichen unappetitlichen Vorgängen verbunden. Als Inspirationsquelle diente der Horrorfilm, der Anfang der 80er Jahre mit Klassikern wie The Shining oder Friday the 13th Hochkonjunktur hatte. Psychobillies hatten außerdem von Beginn an eine Vorliebe für ältere Vertreter des Genres aus den legendären britischen Hammer-Studios oder noch obskurerer Herkunft.

Zombies haben Spaß – die Vorteile des Untotendaseins

Zugegebenermaßen gibt es eine ganze Reihe an Fantasiegestalten in der Psychobilly-Welt. Der Zombie ist aber mit Abstand am häufigsten anzutreffen. Manchmal nimmt er auch hier die Rolle des schlurfenden Grauens ein, das man am besten von Kopf bis Fuß mit Kugeln durchlöchert, zerquetscht oder in Stücke sägt – vorausgesetzt, man hat das richtige Werkzeug gerade zur Hand. Frontmann Sparky von Demented Are Go singt in Zombie Stalk:

„Get a shotgun and a chainsaw / In the cellar lock your wife / Kick down the front door / Run for your fuckin’ life / Out there in

Sparky von Demented Are Go

Frontmann “Sparky” von Demented Are Go

the darkness / They’re coming after me / A thousand stalking zombies / They want my brains to feed”

An anderer Stelle erscheint das Dasein als Zombie in ganz anderem Licht. So freuen sich die Meteors in She’s a Zombie now:

„My baby won’t sleep in the cold cold ground / She’s a zombie now / When the moon comes up and the sun goes down / She’s a zombie now / She won’t lie still in the stone cold ground / She’s a zombie now / At midnite we meet and then we fool around / She’s a zombie now”

Tatsächlich werden die Vorteile einer Existenz als Zombie von Psychobillies klar und pragmatisch erkannt: Zombies brauchen keinen Job, kein Geld und keinen Schlaf. Sie haben keine Verpflichtungen, müssen keine Rechnungen zahlen und sich nicht mit Politik beschäftigen. Stattdessen können sie sich nach Lust und Laune nächtelang herumtreiben, Gehirne verspeisen und Spießbürger in Angst und Schrecken versetzen. Klingt gar nicht so schlecht, oder? Na gut, über den kulinarischen Teil lässt sich natürlich streiten…

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Das Leben als Zombie kann sehr entspannt sein

Dabei wissen Psychobillies: Die Vorstellung, dass Zombies keinen Spaß haben, ist eine Lüge. Im Gegenteil: Untote sind ausgesprochene Partyliebhaber und gegen Sex in allen seinen Ausprägungen inklusive Friedhofsorgien haben sie nichts einzuwenden. Vor allem aber sind sie leidenschaftliche Rock’n’Roll-Fans. Dass so eine Spezies eigentlich einen eigenen Ort braucht, erkannten zuerst die Meteors und suchten sie auf dem Planeten Zorch – dessen reale Existenz leider bis heute niemand nachweisen konnte.








10 Zombie-Songs für die perfekte Untotenparty

1. The Meteors – She’s a Zombie now

Ein Psychobilly-Klassiker über den schönen Moment, in dem man erfährt, dass die eigene Freundin gar nicht tot, sondern ein Zombie ist.

2. The Cramps – The Zombie Dance

“At the Zombie dance / Here’s Ben and Betty / They tap their shoes / But they don’t get sweaty / They don’t give a damn / They’re done dead already”

3. HorrorPops – Walk Like A Zombie

Liebeslied an einen Herrn mit seltsamen Angewohnheiten

4. The Creepshow – Zombies Ate Her Brain

Tragische Geschichte eines hübschen Mädchens, das zum falschen Zeitpunkt am Friedhof spazieren ging und so ihr Gehirn verlor

5. Demented are go – Zombie Stalk

Die Handlung der meisten Zombiefilme in weniger als drei Minuten zusammengefasst und mit dem einprägsamen Chorus: „They want your brains. / Living dead. / They want your brains.“

6. Misfits – Astro Zombies

Finstere, aber fröhlich gesungene Zerstörungsphantasie

7. Nekromantix – Return Of The Loving Dead

Genau genommen eher eine Geister- als eine Zombie-geschichte, aber lebende Tote spielen auch hier die Hauptrolle

8. Zombie Ghost Train – Zombie Beach (Instrumental)

Der ideale Song für Zombiefans, die keine Lust auf Text haben

9. The Brains – We’ll Rise

„With blood on the brain / we go with a smile”

10. Kitty in a Casket – Moonlight Massacre

Ein Zombie-Girl auf der Suche nach der Liebe ihres Lebens – das kann nicht gut gehen

 

Titelbild: © Aixcloud Photography

Fotos:

Zombie von David Simmons /CC BY-SA 2.0

Harry Belafonte – Calypso von Lawren / CC BY-SA 2.0

Nosferatu (1922) von Insomnia Cured Here / CC BY-SA 2.0

Dementedarego1 von Stephan Böhlig / CC BY-SA 3.0

Rumble59 Zombies © Aixcloud Photography