Rockabilly Japanese
Mit dem Ende der 50er-Jahre war erst einmal Schluss mit Rokabiri in Japan. Die politischen Repressionen zeigten Wirkung und das Interesse jugendlicher Musikhörer wandte sich ohnehin anderen Musikrichtungen zu – zunächst romantischeren Klängen und dann natürlich den Beatles. So anders als im Rest der Welt verlief also auch die musikalische Entwicklung in Japan nicht. Auch hier war Rockabilly allerdings nur scheintot.
Rockabilly-Revival in Japan – Bikerlook und Psychobilly
In den 70er-Jahren waren sie auf einmal wieder da, Tollen, Lederjacken und Kontrabässe. Eine der legendären japanischen Bands dieser Zeit, “Carol”, fuhr zu Konzerten sogar mit Motorrädern auf die Bühne. Sie bestand zwar nur bis 1975, brachte es aber in dieser kurzen Zeit zu einer großen Beliebtheit und hatte einen wegweisenden Einfluss auf viele Rockabilly-Gruppen, die sich in den 80ern gründen sollten – nicht zuletzt optisch.
Der Rockerlook von “Carol”, der mehr an “Grease” als an Elvis erinnert, sollte sich bis heute in der japanischen Rockabilly-Szene halten und kennzeichnete im Folgenden auch Gruppen wie die Black Cats. Die traten mit nietenverzierten Lederjacken auf und begeisterten mit ihrem energiegeladenen Sound inklusive röhrendem Saxophon auch ein amerikanisches Publikum.
Dagegen zeigten sich die ebenfalls populären Hillbilly Bops entgegen ihres Namens mehr vom Garagenpunk beeinflusst und tauschten den Leder-Biker-Look gegen übergroße Sweatshirts, Anzüge und eine rotzige Undergroundattitüde. Auf den obligatorischen Kontrabaß verzichteten sie jedoch auch nicht, ebenso wenig wie die später vom Bassisten der Hillbilly Bops gegründeten Vincents, die als Support auf der Japantour der Straycats spielten.
The Show must go on – Bands heute
Rockabilly blieb lebendig in Japan und die Palette an Stilrichtungen, musikalischen Kreuzungen und modischen Innovationen, die es heute in der japanischen “Szene” zu entdecken gibt, ist groß. Das fängt an bei den mittlerweile schon betagten Psychobilly-Helden “Battle of Ninjamanz”. Diese machen mit Titeln wie “Fuck the world” und ihren Kreuzungen aus Irokesenschnitt und Tolle keinen Hehl daraus, dass Punk und Rockabilly in ihren Augen eine perfekte Verbindung eingehen.
Fast genauso alt aber altmodischer sind die Crazy Teds, die in Kürze auf Ihrer Europatour zu bewundern sein werden. Das Trio mit Teddy-Girl am Schlagzeug rockt noch genauso frisch, konzentriert sich aber mehr auf Boogie als auf Punk. Es ist eines der wenigen Beispiele für japanische Rockabilly-Bands, die Ihren Heimatkontinent verlassen (können). Umgekehrt funktioniert der Transfer besser. Nicht nur Ex-Stray-Cat Brian Setzer weiß die Begeisterungsfähigkeit des japanischen Publikums zu schätzen, auch kleinere Combos touren gerne durch Fernost.
Rockabilly-Style in Vollendung – die Tänzer im Yoyogi Park
Der Look ist japanischen Rockabilly-Anhängern schon seit jeher besonders wichtig. Wohl kaum an einem anderen Ort der Welt werden die verschiedenen Ausprägungen der Rockabilly-Optik so liebevoll ins Extrem getrieben. Ein international bekanntes Beispiel dafür stellen diejenigen Szenemitglieder dar, die sich seit Jahren jeden Sonntag im Yoyogi-Park in Tokyo treffen.
Bei Einheimischen und Touristen sind sie bekannt für Ihre wilden Showtänze, die sie sowohl zu Konservenmusik als auch zur Begleitung von Livemusikern vollführen.
Dabei fasziniert nicht nur die halsbrecherische Akrobatik dieser jahrelang einstudierten Einlagen. Auch die Optik der Tänzer und Tänzerinnen mit ihren perfekt gestylten, teilweise überdimensionalen Tollen, dunklen Sonnenbrillen und tätowierten Rückengemälden sorgt für nachhaltigen Eindruck. Wer einmal einen Abstecher nach Tokyo macht, sollte dieses Phänomen nicht verpassen. So sieht Rockabilly-Lifestyle wohl an keinem anderen Ort der Welt aus.