Musik ist Geschmacksache und über Geschmack lässt sich – wenn schon nicht streiten – hervorragend diskutieren. Zeit, eine Rockabilly-Top-Ten vorzustellen, die allein auf Geschmack basiert. Dabei lassen wir die 50s mal beiseite und schauen uns an, was uns in der jüngeren Vergangenheit vom Barhocker gerissen hat. Da gibt es glücklicherweise einiges.
1. JD McPherson – “North Side Gal”
Mittlerweile ist der 37jährige ehemalige Kunstlehrer JD McPherson kein Geheimtipp mehr. Sein Mix aus Rockabilly, Rock´n´Roll und swingendem Blues im Stil der 40s und 50s lässt auch Indie-Kids das Tanzbein schwingen. Einen echten Hitparadenerfolge kann McPherson auch schon vorweisen. In Island führte “North Side Gal” kurze Zeit die Charts an – vollkommen, verdient, wie wir meinen…
2. Imelda May – “Johnny got a Boom Boom”
Die Irin Imelda May ist einer der spannendsten “Newcomer”, der letzten Jahre. Dass sie vor allem mit ihren Alben “Love Tattoo” und “Mayhem” große Konzerthallen zum Rock´n´Roll-Tanzen brachte, liegt nicht nur an ihren äußeren Reizen. Eine Single wie “Johnny got a Boom Boom” hat alles, was einen modernen Rockabilly-Klassiker ausmacht: eine starke Stimme, eine Band, die beinahe unverschämt groovt, und ein gewisses Etwas, durch das dieser Song moderner klingt als so manche Plastikpopsingle von Adele und Co.
3. Brian Setzer – “Ignition”
Zu ihm muss man eigentlich nicht mehr viel sagen. Der ehemalige Stray-Cats-Frontmann setzt immer noch jede Bühne in Brand, ob mit einer Bigband oder ganz klassisch mit dem Trio” ’68 Comeback Special.” “Ignition” (Zündung) wird seinem Namen jedenfalls voll gerecht.
4. Billy Burnette – “Tear it up”
Jung ist Billy Burnette nicht mehr und im Gegensatz zu Brian Setzer gelingt ihm auch das mit dem Schlankbleiben immer weniger. Das hat ihn aber nicht daran gehindert, in den letzten Jahren mit Alben wie “Memphis in Manhattan” echte Rockabilly-Perlen zu veröffentlichen. Sehr entspannt oldschool-mäßig klingt das Resultat meistens. Beweisen muss er wohl niemandem mehr etwas.
5. Stray Cats – “Nine Lives”
Natürlich fehlen sie auch in dieser Topliste nicht, die Helden des Rockabilly-Revivals. Zum Zeitpunkt dieser Liveaufnahme hatten Brian Setzer, Lee Rocker und Slim Jim Phantom schon die erste Reunion hinter sich und sollten bald wieder getrennte Wege gehen. Die Coolness, mit der sie hier von der Unverwüstlichkeit echter Womanizer erzählen, sollte ihnen später kaum einer nachmachen. Man beachte Brian Setzers Mini-Tanzeinlage…
6. Nick Curran and the Lowlifes – “Ain´t no good to you”
Manchen ist es nicht geheuer, dass der früh verstorbene Nick Curran und seine wechselnden Bands auf Platte oft haargenau so klingen, als wäre die Musik in den 40s oder 50s aufgenommen worden. Wer kein Problem mit Retro hat, bekommt mit dem Album “Reform School Girl” von Nick Curran and the Lowlifes den perfekten Partymix aus Rock´n´Roll, Rockabilly und Jump Blues.
7. Go Cat Go – “Please Mama Please”
Der tragische Tod von Sänger Darren Spears sorgte dafür, dass die Karriere von “Go Cat Go” vorbei war, bevor sie richtig Fahrt aufnahm. Dass sie das auf jeden Fall getan hätte, daran lässt das swingende “Please Mama Please” keinen Zweifel. Wer hier nicht zumindest mit den Zehen wippt, hat ein ernsthaftes Problem.
8. The Starliters – “This Chick drinks more than me”
Dass die Starliters aus Italien kommen, hört man ihnen genausowenig an, wie man es ihnen ansieht. Ihre Kombination aus Western Swing und Rockabilly klingt eher so, als wären sie direkt aus Texas eingeritten – danach klingen auch die Texte…
9. Rumble on the Beach – “Rumble on the Beach”
Guten Rockabilly gab es in den letzten Jahrzehnten auch in Deutschland. “Rumble on the Beach” hat zwar schon einige Jahre auf dem Buckel, das kann dem Kultsong der gleichnamigen Band aber nichts anhaben – wie den meisten echten Klassikern.
10. Reverend Horton Heat – “Reverend Horton Heat´s Big Blue Car”
Die Frage, ob das noch Psychobilly oder einfach Punkrock mit je einem Schuss Metal und Surf-Musik ist, mag berechtigt sein, die Antwort ist aber vielleicht gar nicht so wichtig. “Reverend Horton Heat´s Big Blue Car” ist auf jeden Fall ein amtlicher Beitrag zur Rock´n´Roll-Musik.
Und Deine Top Ten?
Im Gegensatz zu den offiziellen Charts, die vor allem anzeigen, was die meisten Menschen so an Musik hören (was ziemlich deprimierend sein kann…), sind persönliche Toplisten im besten Fall Fundgruben. Damit sollte sich jeder Leser aufgefordert fühlen, diesen Artikel mit seinen persönlichen Rockabilly-Top-Ten zu kommentieren. Über Geschmack sollte man einfach ab und zu streiten.