Schönheit liegt nicht nur im Auge des Betrachters. Sie ist auch von der Zeit geprägt. In den 50er-Jahren gab es – zumindest in unseren Breitengraden – verhältnismäßig genaue Vorstellungen davon, wann eine Frau oder ein Mann schön ist. Nicht in jedem Fall deckt sich das mit heutigen Schönheitsvorstellungen.
Konservative Rollenbilder gaben den Ton an
In den 20er-Jahren hatte die Emanzipation einen großen Schritt nach vorn gemacht. Das spiegelte sich im öffentlichen Auftreten, zumindest in größeren Städten. Frauen zeigten ihr Selbstbewusstsein, indem sie in der Öffentlichkeit rauchten, fluchten und tranken, kurze Röcke und Haare trugen und den Abend in Swingschuppen verbrachten. Babylon Berlin lässt grüßen. Schlanksein war bei beiden Geschlechtern schwer angesagt und die deutsche FKK-Bewegung zelebrierte fröhliche Nacktheit.
Drei Jahrzehnte später sah die Sache anders aus. Die mageren Kriegsjahre waren vorbei und die von der Front zurückkehrenden Männer beanspruchten die Jobs wieder, die zwischenzeitlich Frauen für sie übernommen hatten. Die Sehnsucht nach Normalität war groß und langsam, aber sicher machte sich das Wirtschaftswunder zunehmend bemerkbar.
Für die Damen hieß das “ab ins Hausfrauendasein”. Dieser Schritt zurück, kombiniert mit der wachsenden Lust am Konsum prägte gängige Schönheitsvorstellungen.
Wohlgenährt und kurvig – weibliche Schönheitsideale der 50er-Jahre
In Hinblick auf die ideale weibliche Figur standen in den 50er-Jahren die Zeichen auf Sanduhr, schmale Taille und feminine Rundungen. Als Schönheitsideale der 50er Jahre galten gut gebaute Filmstars wie Marilyn Monroe, Grace Kelly oder Jayne Mansfield, die nicht zuletzt wegen ihrer großzügigen Oberweite zur meistfotografierten Schauspielerin Hollywoods wurde.
Dieser Trend zur Kurvigkeit setzte Damen unter Druck, die von Haus aus eher schmal waren. Sie sahen oft keine andere Möglichkeit, als nachzuhelfen, zum Beispiel mit einem Korsett oder gleich mit Nahrungsergänzungsmitteln.
Auch abgesehen von Versuchen, Fett anzusetzen, war Schönheitspflege ein Zeitfresser in den 50er-Jahren, angefangen bei den Haaren. Die mussten regelmäßig eingesprayt, gelockt und in Form gebracht werden. Glatt war ein No-go. Dazu kam exzessives Make-up, vom Eyeliner bis zum Lippenstift.
Für wen oder was das Ganze? Die lieben Männer natürlich. Denn, so suggerierten es Magazine und Werbung, ein glückliches Frauenleben hing vor allem davon ab, dass die Frau Männern gefiel – bzw. ihrem Mann. Schön aussehen und eine “gute” Hausfrau sein, galten als Patentrezept für ein glückliches Leben. Nicht umsonst sind klassische Pin-up-Motive vor allem mit Staubwischen beschäftigt.
Das heißt nicht, dass es keine weiblichen Rebellen gab in den 50s. Mamie van Doren beispielsweise spielte in unzähligen “Bad Girl Movies” die rauchende und fluchende Hauptrolle. Äußerlich allerdings entsprach auch sie dem Schönheitsideal Marke Monroe.
Echte Männer sind groß und haben breite Schultern
Männliche Schönheitsideale in den 50s? Auch die gab es natürlich. Wobei “echte Männer” für viele Zeitgenossen nicht “schön” zu sein hatten. Hauptsache sie hatten breite Schultern, waren groß und geborene Beschützer – dass Frau einen solchen brauchte wurde nicht erst angezweifelt. Kantige Gesichtszüge und ein breitbeiniges Auftreten unterstrichen den naturgegebenen Anspruch auf die Weltherrschaft.
Auf der anderen Seite standen männliche Sexsymbole, die mit solchen Vorstellungen brachen, allen voran Elvis Presley. Mit seinem Hüftschwung und auffallender Kleidung wies der King of Rock ‘n’ Roll Attribute auf, die eigentlich als “typisch feminin” galten. Nicht umsonst vermarktete RCA Presley 1956 in Deutschland mit dem Slogan “He sings like Marilyn Monroe walks”.
Auch James Dean, Paul Newman und Marlon Brando waren genaugenommen Gegenentwürfe zu John Wayne, dem frühen Burt Lancaster oder den Männerbildern, die lange Zeit Plakatwände in den 50s dominierten. Indem sie empfindsame Männer spielten, die Gefühle zeigten, waren sie gewissermaßen die Pioniere eines neuen Männerbildes, das in den nächsten Jahrzehnten an Bedeutung gewinnen sollte. Dass sie dieses Auftreten mit ebenmäßigen Gesichtszügen und einem stattlichen Körperbau kombinierten, war natürlich alles andere als an Nachteil.
Ach ja, Hipster und bärtige Rockabillies hören es vielleicht nicht gerne, aber männliche Schönheitsideale der 50er-Jahre waren glattrasiert. Bärte waren fast ausnahmslos dem verrückten Professor im Kino vorbehalten. Der galt aber als sexuell wenig anziehend.
Titelbild:
Marilyn Monroe Frankie Vaughn Let’s Make Love 1960 / Wikimedia (Public Domain)
Bilder im Text:
Greta Garbo 1925 by Genthe-retouched by Arnold Genthe / Public Domain
Jayne Mansfield (1957) by J.D. Noske / Anefo / Public Domain
Marlon Brando in Endstation Sehnsucht (Bühnenfassung), 1948 by Carl van Vechten / Public Domain
Danke für diesen hammer Artikel, schön geschrieben und sehr informativ!