Die deutsche Musiklandschaft der 50er Jahre war nichts für Rocker. Zu dem Zeitpunkt, als Elvis Presley und Carl Perkins ihre ersten Singles im Sun Studio aufnahmen, gab es in der Bundesrepublik nicht viel mehr als rührselige Schlager und die eine oder andere Dixieland-Kapelle. Das blieb auch eine ganze Weile so. Bis die Beatles und Rolling Stones Mitte der 60er Jahre auf der Bildfläche erschienen und sich noch im letzten Winkel des Landes Jugendliche zu Beatbands zusammenschlossen, war Rockmusik in erster Linie als Import erhältlich. Doch auch hier gilt: Ausnahmen bestätigen die Regel. Neben dem umstrittenen Teenager-Liebling Peter Kraus gab es immerhin noch Ted Herold, den deutschen Elvis, und der ließ sogar echte Rockerherzen höher schlagen.
Die 50s in Westdeutschland – fest in Schlagerhand
Sicher existierten sie, die Halbstarken und Rock’n’Roll-Anhänger, die mit Tolle und “Texashemd” brave deutsche Bürger verschreckten. Und auch in der Bundesrepublik war Bill Haleys “Rock around the Clock” für manchen Teenager eine kleine Revolution. In den Hitparaden und der heimischen Musikproduktion bekamen Rockabilly und Rock’n’Roll hierzulande aber kaum einen Fuß auf den Boden. Zu groß war in den oberen Etagen der Musikindustrie der Widerwille gegenüber der “Dschungelmusik” aus den USA. Wer im Radio Jerry Lee Lewis statt Vico Torriani oder Caterina Valente hören wollte, musste zusehen, dass er einen Besatzungssender empfing.
Versuche, eigene Rock’n’Roll-Stars großzuziehen, fanden daher kaum statt. Vor allem zwei Namen waren die Ausnahme von der Regel: Zum einen war da Peter Kraus alias Peter Siegfried Krausenecker. Der Schauspieler und Sänger aus München wurde ab 1956 als brave deutsche Ausgabe eines Rock’n’Roll-Sängers vermarktet. Mit seinem harmlos fröhlichen Auftreten gewann Kraus vor allem die Herzen weiblicher Teenager aus bürgerlichen Elternhäusern, denen Stars wie Jerry Lewis zu aggressiv waren. Bei eingefleischten Rock’n’Roll-Fans galt er dagegen meist als minderwertiger Ersatz für die Originale.
Anders sah es mit Harald Walter Bernard Schubring aus. Unter dem Künstlernamen Ted Herold wurde der Sohn eines Stukkateurmeisters zum Bad Guy des deutschen Rock’n’Rolls. Bevor er sich ab 1960 wie Kraus sanften Klängen zuwandte, galt er als deutsche Alternative zum Schwiegermutterliebling Peter Kraus und war auch in echten Rockerkreisen anerkannt.
Ted Herold als Bad Guy des deutschen Rock’n’Roll
Aus der Perspektive eines Musikproduzenten war Harald Walter Bernard Schubring wie gemacht dafür, die proletarischen Rock’n’Roll-Fans abzuholen, für die Peter Kraus zu zahm war – abgesehen von seinem Namen, für den jedoch schnell ein gut klingender Ersatz gefunden war. Ende der 50er Jahre baute Produzent Gerhard Mendelsohn, der auch Kraus unter Vertrag hatte, Ted Herold als “deutschen Elvis” auf. Dazu gehörte regelmäßiger Sprachunterricht, um dem jungen Sänger seinen hessischen Dialekt abzugewöhnen.
Die Strategie ging auf. Mit deutschsprachigen Versionen von amerikanischen Rock’n’Roll-Songs, in erster Linie solchen des King of Rock’n’Roll, und einem für damalige Verhältnisse skandalösen Hüftschwung sorgte Ted Herold für Aufsehen. Seine Version von “Tutti Frutti”, die den Titel “Ich bin ein Mann” trug, wurde von Radiosendern in der Bundesrepublik konsequent boykottiert.
Auch sonst wurde Herold seinem Ruf als rockiger Gegenpart zu Peter Kraus gerecht. Das ging bis hin zu kleineren Randalen aufgeputschter Fans. Die Presse titulierte den deutschen Elvis als “menschgewordenen Schüttelfrost” und bei einem Fernsehauftritt teilte der Aufnahmeleister Herold gleich vorab mit, dass er nur von der Hüfte aufwärts gefilmt werde. Viele Halbstarke und Rock’n’Roll-Fans bestätigte dies nur darin, dass Ted Herold ein anderes Kaliber als die meisten seiner deutschen Kollegen war.
Aus heutiger Sicht klingen Ted Herolds Singles – bei deren Auswahl und Produktion er freilich kaum ein Mitspracherecht hatte – alles andere als wild. Dafür sorgen schon die Orchesterbegleitung und die zuverlässig albernen Übersetzungen der englischen Texte ins Deutsche. Im Rahmen seiner Zeit kam der deutsche Elvis seinem Idol jedoch näher als der Rest seiner Kollegen in der Bundesrepublik.
Übergang zur weichen Welle
Anfang der 60er Jahre verloren Rock’n’Roll und Rockabilly gewaltig an Schwung. Buddy Holly war mit dem Flugzeug verunglückt, die Karriere von Jerry Lee Lewis schien wegen dessen Heirat mit seiner Cousine beendet und Little Richard tauschte Rockmusik vorübergehend gegen Gospel ein. Wie sein amerikanisches Vorbild wandte sich nun auch der deutsche Elvis weichen Klänge zu, und das mit Erfolg. Die 1960 produzierte Single “Moonlight” wurde zu Ted Herolds größtem Erfolg. Von Rock’n’Roll ist hier allerdings nicht mehr viel übrig. Dasselbe galt für Nachfolgesingles wie “Auch Du wirst geh’n”.
1963 wurde Ted Herold zur Bundeswehr eingezogen, ein Ereignis, das in der Karriere vieler Stars der 50er und 60er Jahre einen tiefen Einschnitt bedeutete. Als der einstige “Bad Guy” mit 23 Jahren wieder ins zivile Leben entlassen wurde, war seine musikalische Karriere erst einmal vorbei. Denn inzwischen gaben die Beatles und die Rolling Stones den Ton an. An einem Ted Herold war die Jugend in der Bundesrepublik nun kaum noch interessiert. Damit verabschiedete sich Schubring wieder ins bürgerliche Leben und arbeitete als Radio- und Fernsehtechniker.
Mehr als ein Jahrzehnt später erhielt Herold die Einladung, bei einer Aufnahme und Tournee Udo Lindenbergs mitzuwirken und startete damit ein kleines Comeback. Dabei blieb der deutsche Elvis, der jetzt auch wieder Aufnahmen machte, seinem alten Stil treu, gemäß dem Titel seines 2012 erschienenen Albums: “Rock’n Roll geht immer”.
Ted Herold ist nicht, war nie und wird für mich auch nie der deutsche Elvis sein. Für mich als absoluten Elvis-Fan, die auch keinerlei Elvis-Imitatoren mag, gibt es (wenn es überhaupt so etwas gibt) nur einen ‘deutschen Elvis’. Und das ist einzig und allein Peter Kraus. Kein anderer verdient diesen Titel.
Hallo Johannes !
Ich möchte noch ein paar Zeilen zu Ted,s grandiosem Comback in den Achtzigern schreiben.
Rockabilly Willy (org. Matchbox Rockabilly Rebel ) Rock`n`Roll for President, Ahua , Bill Haley, Die besten sterben jung ( org. Roy Orbison Running Scared ) und Gib dein Ziel niemals auf ( org. ELO Hold on Tight ) das waren 6. Hits mit denen Ted Herold hintereinander in den Charts war und auch in der ZDF Hitparade. ( ausser mit Die besten Sterben jung) Er war in sehr vielen Fernseh und Radiosendungen ein sehr gern gesehener Gast. Er hatte im Jahr 200 Live Auftritte Er hat das Rock`n`Roll Revivial in Deutschland in den Achtzigern eingeleitet. Mehr Infos sehr gerne unter http://www.tedherold-fanclub.de . Für weitere Fragen stehe ich auch sehr gerne zur Verfügung.
Kurz und Knapp Ted Herold feierte ein Comeback welches heute noch seines gleichen sucht !
Rock`n`Roll is King
und
Viele Grüße
Micha
Hallo, Micha,
vielen Dank für Deinen Hinweis. Du hast recht, Tutti Frutti und I’m a man habe ich im Eifer des Gefechts durcheinandergeworfen. Der Ausdruck “kleines Comeback” sollte nicht bedeuten, dass dieses erfolglos war, sonst wäre es vermutlich nur ein Comebackversuch gewesen. “Klein” heißt in diesem Zusammenhang vor allem, dass Herold natürlich nicht mehr so erfolgreich war wie in seiner Anfangszeit – das wäre vermutlich auch kaum möglich gewesen 😉
Viele Grüße und danke noch einmal für Deinen Kommentar,
Johannes Jooß
Es ist sicher immer sehr gut, wenn über den wahren King des Rock’n Roll in Deutschland geschrieben wird. Hier aber eine kleine Berichtigung. Im Artikel steht: “Seine Version von “Tutti Frutti”, die den Titel “Ich bin ein Mann” trug, wurde von Radiosendern in der Bundesrepublik konsequent boykottiert.” Dies ist natürlich so falsch, denn Tutti Frutti (Original von Little Richard, danach aber auch von Elvis u. v.a. gesungen) hat Ted nie als Single in deutsch herausgebracht. in seinen Live Auftritten bringt er bei ELVIS Medleys oft diesen Titel. (in englisch!!!) Allerdings hat 1956 Peter Kraus den Titel “Tutti Frutti” in deutsch veröffentlicht. Der Titel “Ich bin ein Mann” ist die deutsche Cover Version des in den USA erschienen Titel “I’m A Man” von FABIAN. In dem Artikel heißt es dann an anderer Stelle:”Mehr als ein Jahrzehnt später erhielt Herold die Einladung, bei einer Aufnahme und Tournee Udo Lindenbergs mitzuwirken und startete damit ein kleines Comeback.” Nun dazu möchte ich nur anführen, dass dieses sogenannte kleine Comback, dass mit der LP “Jetzt bin ich wieder zu Haus” 1979 begann und dem dann 1980 die überaus kommerziell erfolgreiche LP “Rock’n Roll For President” und danach 1982 die LP ” Ready Teddy!” folgte.(ebenfalls mit einigen kommerziell erfolgreichen Hits, die dann auch als Singles aud den Markt kamen) Auch war Ted in diesen Jahren regelmäßig im Fernsehen zu sehen, wie ZDF Hitparade, Musikladen oder Drehscheibe u.s.w.. Diese Jahre kann man durchaus als sehr gelungenes Comback bezeichnen.
Rock`n`Roll is King
und
Viele Grüße
Micha Tied
Ted Herold Fanclubzentrale