Damals, als Musik noch im Plattenladen gekauft und stolz mit Mofa, Fahrrad oder erstem Auto nach Hause gebracht wurde, war das Plattencover nicht selten ausschlaggebend für die Kaufentscheidung am Schallplatten- oder CD-Regal. Mit der Entscheidung, passend zur Jahreszeit Weihnachtscover vorzustellen, haben wir uns jedoch in die Nesseln gesetzt. Uns ist so manch unsägliches Machwerk in den Strumpf am Kamin gesteckt worden – sollen Santa und Rudolph vor Scham im Schnee versinken. Aber immer dran denken: “Früher war mehr Lametta”.
Elmo & Patsy – Grandma Got Run Over By A Reindeer
Oma hat schon nach dem Geschenke Auspacken einen im Tee? Dann lass sie lieber nicht allein im Freien rumlaufen. Sonst geht es ihr so wie der entzückenden Dame auf diesem Plattencover. Die gerät nämlich im Schneesturm unter die Rentierhufe. Die Novelty-Scheibe „Grandma Got Run Over By A Reindeer“ von Elmo & Patsy ist optisch und akustisch die richtige Wahl, wenn fleißig getrunken wird unter dem Baum.
Mae West – Wild Christmas
„Santa Baby“! Das ehemalige Sexsymbol Mary Jane West alias Mae West hatte Ihre wilde Zeit eigentlich schon lange hinter sich, als sie diese Weihnachtsplatte aufnahm – könnte man meinen. Doch schon die Aufmachung von „Wild Christmas“ zeigt, dass die über 70jährige, die hier unter anderem Elvis Presley und Eartha Kitt covert, bei Weihnachten nicht nur an „Stille Nacht“ denkt.
The Surfers – Christmas from Hawaii
In Tikistimmung unter dem Baum? „Christmas From Hawaii“ von den „Surfers“ sorgt auf den ersten Blick für Südseestimmung im Wohnzimmer. Wenn Du dann noch das entspannt swingende „Here Comes Santa In A Red Canoe“ auflegst, freust Du Dich sogar über das missratene Geschenk der Schwiegermutter.
Eilert Pilarm – Eilerts Jul
Wer Lust auf eine Portion gepflegte Hässlichkeit legt, sollte sich diese Scheibe unter den Baum legen. Mit dem Plattencover seines Weihnachtsalbums „Eilerts Jul“ ging der schwedische Elvis-Imitator Eilert Pilarm keine Kompromisse ein. Belohnt wurde er mit einer Erwähnung in unzähligen Best-of-Listen abstoßender Coverart. Auch das ist eine Leistung.
Swing Cats – A Rock-A-Billy Christmas
Hinter dem Namen „Swing Cats“ verbergen sich keine Geringeren als die ehemaligen Stray Cats Slim Jim Phantom und Lee Rocker sowie Ex-Polecats-Gitarrist Danny B. Harvey. Ihre Weihnachtsscheibe „A Rock-A-Billy Christmas“ ist aber eigentlich ein Sampler. Denn neben den Cats selbst tauchen hier die”Honeydippers und Gary Twinn auf. Eine exklusive Gesellschaft und ein schönes Cover im Retro-Cartoon-Style.
Big Bad Voodoo Daddy – Everything You Want For Christmas
„Big Bad Voodoo Daddy“ wissen, was Du Dir zu Weihnachten wünschst und präsentieren es Dir mit roter Schleife. Falls Du noch ein Geschenk für einen Lieblingsmenschen mit Musikgeschmack suchst, ist diese Platte ebenfalls eine gute Wahl. „Everything you want for Christmas“: Kraftvoller Neoswing, Rockabilly und ein Schuss Latin, da bleiben zumindest musikalisch keine Wünsche offen.
Tijuana Voices – Sing Merry Christmas
Die größtenteils traditionell präsentierten Weihnachtsstandards sind der Rede nicht weiter wert – wenn auch gut gelaunt dargeboten und hingetrötet (wie der Zusatz “with Brass” schon sagt). Der aufmerksame Leser hat eh schon bemerkt, dass es hier eher um die Verpackung als den Inhalt geht. Und da sind angeklebte Mustaches, Sombreros und Ponchos am Weihnachtsbaum der Garant für eine der vordersten Ränge. Ayayay!
Kay Martin & Her Bodyguards – I Know What He Wants For Christmas
…but I don’t know how to wrap it!” 1962 hauchte die auf dem Plattencover spärlich bekleidete Kay über angejazzte Akkorde ein paar dezent anrüchige Zeilen und forderte damit zum Auspacken des Geschenks auf. Eine disharmonisch swingende Hammond orgelt im Hintergrund dazu und auch der Rest der Platte ist bemerkenswert: “Hang Your Balls On The Christmas Tree”, “Santa’s Doing The Horizontal Twist” oder “I Knew He Was Coming”. Diese Scheibe kann man sich immer wieder aufs Neue “ansehen”.
The Brian Setzer Orchestra – Rockin’ Rudolph
Brian Setzer ist eine Bank! Ob solo als Stray Cat oder mit Orchester im Rücken. Selbst Weihnachtslieder gehen ab wie Schmidts (streunende) Katze und wer die bucklige Verwandschaft zu Weihnachten mal ordentlich aufmischen will, legt nach der Bescherung “Rockin’ Rudolph” auf. Anspieltipp: Die auf Weihnachten gebürstete Titelmelodie der “The Flintstones”-TV-Serie.
Die überaus stilvolle Cover-Illustration stammt übrigens aus der Feder von US-Illustrator Derek Yaniger, der auch schon für Rumble59 Stift und Zeichenfeder hat fliegen lassen.
AC/DC – Mistress for Christmas
Einer der wenigen Songs auf dieser fragwürdigen Doppelseite, der auch wirklich was taugt. Das 1990er Album “The Razor’s Edge” läutete für die australischen Rocker sowas wie einen zweiten (oder dritten) Früghling ein. “Thunderstruck” fehlt seitdem auf kaum einer Rockparty, der Status als Luftgitarren-Untermalung wurde gefestigt und die restlichen 90er Jahre erlebten eine gesellschaftliche Akzeptanz von Rockmusik, die bis heute anhält (und für manchen nur schwer zu ertragen ist).
AC/CD-Mastermind Angus Young, der hier eine bestrapste Weihnachtsfrau schultert, hat jedenfalls gut lachen und wird sich zuhause in Aalten (NL, nahe der deutschen Grenze) in seinen Millionen wälzen.
Jackie Gleason – All I Want For Christmas
Jackie Gleason (genau – der Cop aus “Ein Ausgekochtes Schlitzohr” und Minnesota Fats aus “Haie Der Großstadt”) war in den 50ern auch als Bigband-Leader unterwegs. Die dementsprechend loungig hingeswingten Nummern klingen heute vielleicht etwas zahm, das sinnlich rote Coverfoto mit einer rothaarigen Schönheit im knappen Santa-Kostüm vermag hingegen immer noch voll zu überzeugen.
The Three Suns – A Ding Dong Dandy Christmas
Wer denkt, schon alles zu kennen, sollte mal in eines der (über 50) Alben der Instrumentalband “The Three Suns” reinhören. Ein Füllhorn ungewöhnlicher Instrumente – allen voran die Tuba – machen auch dieses epochale Werk von 1959 zu einem Vietnam der Vorweihnachtszeit.
Versöhnlich stimmt uns die zuvorkommende Art der drei Sonnen auf dem Plattencover, die so charmant dem gestürzten Weihnachtsengel zu Hilfe eilen.
Mehr als ein nettes Plattencover – unsere Anspieltipps für ein Rock’n’Roll-Weihnachten
Männer und Frauen wissen: Es kommt nicht nur auf äußere Qualitäten an. Für Musik gilt das ganz besonders. Wenn Ihr auf der Suche nach dem ultimativen Soundtrack für ein ausgelassenes Rockabilly-Weihnachten seid, findet Ihr bei uns im Blog ein paar Anspieltipps. Da kriegt jedes Rentier gute Laune.
Titelbild: